Zehn Prozent aller Menschen über 80 Jahren leiden an verkalkten Aortenklappen, auch Aortenstenose genannt. Diese hat mitunter ernste Folgen und kann nur durch einen chirurgischen Eingriff behoben werden. Die Ergebnisse einer Studie der Medizinischen Universität Innsbruck könnten das nun ändern: Sie ermöglichen ein besseres Verständnis darüber, wie es zu einer Verkalkung der Aortenklappe kommt – und sind ein möglicher Ausgangspunkt für die Entwicklung von Medikamenten.
Aortenklappe: Lebenswichtiges Ventil im Herzen
Die Aortenklappe ist eine der vier Herzklappen und liegt zwischen der linken Schlagkammer und der Hauptschlagader (Aorta). Damit das Blut aus dem Herzen in die Hauptschlagader gepumpt werden kann, öffnet sich die Aortenklappe bei jedem Herzschlag. Danach schließt sie wieder, sodass das Blut nicht zurück in die Herzkammer fließen kann. Sie erfüllt also die Aufgabe eines Ventils. Bei einer Aortenstenose kann sich die Klappe aufgrund von Verkalkungen, die mit zunehmendem Alter entstehen, jedoch nicht mehr so weit öffnen. Das Herz muss dann größeren Druck aufbringen, damit das Blut durch die Engstelle gepumpt werden kann.
Gibt es bald Medikamente gegen die Aortenstenose?
Es besteht die Gefahr, dass das Herz diese Leistung irgendwann nicht mehr aufbringen kann und dadurch zu wenig Blut ins Gehirn gelangt. Daher ist die Aortenstenose eine der tödlichsten Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Zur Behandlung gibt es bisher keine Medikamente, nur durch eine Operation können die Probleme behoben werden – dabei muss womöglich eine künstliche Herzklappe eingesetzt werden. Wissenschaftler der Medizinischen Universität in Innsbruck haben nun jedoch eine Studie im Fachblatt „Circulation“ veröffentlicht, die einen Beitrag zur Entwicklung von Medikamenten gegen die Aortenstenose leisten könnte. Die Erkenntnisse hängen auch mit der Funktionsweise des Immunsystems zusammen.
Wie das Immunsystem die Herzklappe verkalken lässt
Die Forscher haben entdeckt, dass der sogenannte Toll-Like Rezeptor 3 (kurz TLR 3) an der Verkalkung der Aortenklappe beteiligt ist. Dieser Rezeptor befindet sich unter anderem auf der Oberfläche von Herz- und Immunzellen. Man wusste bereits aus vorheriger Forschung, dass TLR 3 dafür zuständig ist, Viren zu identifizieren, damit diese abgewehrt werden können. „Allerdings erkennt das menschliche Immunsystem auch körpereigene Schäden und nicht nur Viren, die eindringen“, erläutert Can Gollmann-Tepeköylü, einer der beteiligten Wissenschaftler. „Durch die hohe mechanische Belastung der Aortenklappe wird das Immunsystem aktiviert und sorgt über eine Entzündungsreaktion für eine Verknöcherung und damit Verstärkung der Aortenklappe. Dieser angeborene Mechanismus wird insbesondere im Alter in Gang gesetzt.“
Wünschenswerter wäre es, diesen Vorgang durch Medikamente zu beeinflussen. Wie das gelingen kann, versuchen die Innsbrucker Forscher nun herauszufinden: Derzeit werden einige Studien durchgeführt, in denen die Effektivität verschiedener Wirkstoffe untersucht wird.
Genetische Analyse ermöglicht frühe Behandlung
Damit die Verkalkung der Aortenklappe zukünftig mit Medikamenten behandelt werden kann, muss sie jedoch möglichst früh erkannt werden. Auch hierzu liefert die Innsbrucker Studie wichtige Erkenntnisse: Das Erbgut von etwa 300.000 Patienten wurde ausgewertet. Dabei stieß man auf genetische Varianten, die auf eine höhere Wahrscheinlichkeit für die Entstehung einer Aortenstenose hinweisen können. Can Gollmann-Tepeköylü fasst die Bedeutung der Befunde folgendermaßen zusammen: „Die neuen Einblicke in den Entstehungsmechanismus der Klappenverkalkung sind bedeutend, um diese Erkrankung frühzeitig erkennen und in Zukunft auch medikamentös behandeln zu können.“
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