Alexander Flemings Entdeckung Penicillin, eines der wichtigsten Antibiotika, war tatsächlich ein Zufallsfund, als die Nährbodenkulturen einer seiner Bakterien schimmelten. Heutzutage kommen solche zufälligen Entdeckungen kaum mehr vor. Pharmaunternehmen müssen viel Geld und Zeit in die Medikamentenentwicklung investieren – und selbst dann können sie nur hoffen, dass mindestens 10 Prozent der Wirkstoffe den klinischen Test am Ende der Entwicklung bestehen. Jetzt gibt es jedoch neue Ansätze zur Entwicklung von Medikamenten: eine Künstliche Intelligenz soll helfen.
Neue Hoffnung für die Entwicklung von Medikamenten
Künstliche Intelligenz (kurz AI oder KI) ist eine Erfindung, die in den letzten Jahren immer bedeutender wurde und heutzutage ein wesentlicher Bestandteil vieler Technologien ist. Nun könnte KI auch Einzug in die Pharmaindustrie halten und dazu beitragen schneller und effizienter neue Medikamente auf den Markt zu bringen. Die Entwicklung neuer Medikamente erfordert normalerweise viel Zeit, Geld und Forschungsarbeit. Trotz aller Anstrengungen ist es häufig schwierig neue, sichere und effektive Medikamente zu entwickeln. Hier kann KI eine Lösung bieten, denn ihre Systeme sind dazu in der Lage riesige Datensätze zu analysieren und die Ergebnisse besser und schneller zu verstehen als Menschen. Dadurch ist es möglich mehrere Faktoren auf einmal zu berücksichtigen und bessere Vorhersagen über die Wirksamkeit neuer Medikamente zu treffen. Dieser Ansatz könnte zukünftig dabei helfen die bisher schwierige Arbeitsbelastung bei der Entwicklung neuer Medikamente zu reduzieren und gleichzeitig die Zuverlässigkeit und Wirksamkeit der Produkte zu steigern. Zudem unterstützt Künstliche Intelligenz die Forscher dabei die optimale Kombination von bestimmten Arzneimittelwirkstoffen zu identifizieren. KI kann vorhandene Daten analysieren und daraus Rückschlüsse ziehen, um zu entscheiden welche Kombination die am besten geeignetste ist. Somit wird die Entdeckung neuer Medikamente beschleunigt und der Entwicklungsprozess vereinfacht.
Bedarf an Medikamenten wächst
Die rasant wachsende Weltbevölkerung erhöht das Risiko, dass sich neue Krankheitserreger entwickeln und ausbreiten. Allein seit Beginn des 20. Jahrhunderts haben Grippe-, Corona- und HIV-Pandemien zu einem schrecklichen Tribut an Menschenleben geführt, wobei bis zu 100 Millionen Menschen starben. Da Viren und Bakterien immer wieder neue Resistenzen bilden, müssen wir immer schneller neue Medikamente entwickeln, um der globalen Gesundheitskrise begegnen zu können. Neue Wirkstoffe müssen jedoch umgehend überprüft werden – z.B. dahingehend, ob sie die Produktion von Cytochrom P450 (CYP450) in der Leber hemmen, da dieser essenziell für die Verdauung wasserunlöslicher Stoffe sind. Bisher konnte man nur mit einer Erfolgsrate von 60 bis 70 Prozent vorhersagen, ob ein Wirkstoff diese Produktion in der Leber hemmt. Durch die Verwendung von Künstlicher Intelligenz kann diese Rate auf bis zu 95 Prozent erhöht werden, wodurch weniger Wirkstoffe die präklinischen und klinischen Testphasen durchlaufen müssen. Das bedeutet, dass neue und effektive Medikamente schneller und mit geringeren Nebenwirkungen entwickelt werden können.
Unmengen an unentdeckten künstlichen Wirkstoffen
Es ist bekannt, dass eine große Anzahl unterschiedlicher Moleküle als potenziell wirksame Wirkstoffe verwendet werden könnten. Schätzungen zufolge handelt es sich dabei sogar um eine Dezillion – eine Eins mit 60 Nullen – möglicher Wirkstoffe. Die Natur bietet ein Reservoir vieler Substanzen, aber dieses wird nicht immer ausreichen. Synthetische Wirkstoffe können viel gezielter auf bestimmte Krankheitserreger wirken und mögliche Resistenzen überwinden. Durch die Nutzung von KI könnten in Zukunft wesentlich mehr dieser Moleküle schneller untersucht werden, als es menschlich je möglich wäre.
Chancen und Gefahren von KI
Im Dezember veröffentlichte Moderna, ein US-amerikanisches Pharmaunternehmen, eine klinische Studie, in der Forscher KI nutzten, um Oberflächenproteine von Hautkrebszellen auszuwählen und auf diese Weise mittels mRNA-Impfstoff zu behandeln. Anfang Januar kündigte der Mainzer Pharmahersteller BioNTech ebenfalls die Übernahme des britischen KI-Unternehmens InstaDeep an, um die Medikamentenentwicklung mithilfe von KI im eigenen Haus zu forcieren. Die Kombination der mRNA-Strategie und der Schnelligkeit der KI könnte zukünftig auch zu einer personalisierten Medizin beitragen.
Collaborations Pharmaceuticals versuchte mittels künstlicher Intelligenz nicht nur Medikamente zu entwickeln, sondern auch Gifte und Toxine. So stellte eine Künstliche Intelligenz das sehr gefährliche Nervengift VX her. Diese Ergebnisse wurden anschließend vernichtet, da es sich um einen reinen Test handelte. Es zeigt jedoch, dass extrem gefährliche biologische Waffen produziert werden können, wenn eine solche Technologie in die falschen Händen fällt.
Kombination aus KI und traditioneller Forschung ist die Zukunft
In den letzten Jahren hat die Pharmaindustrie viel in künstliche Intelligenz investiert, um die Entwicklung neuer Medikamente zu verbessern. KI ist jedoch nur ein Teil des Gesamtpuzzles, denn ganz ohne den Input von Experten geht es nicht. Eine Kombination von KI-Systemen mit traditioneller Forschung ist daher unerlässlich, um die Produktion neuer und effektiverer Medikamente zu verbessern.
KI kann aber auch entscheidend dazu beitragen die Sicherheit von Medikamenten zu erhöhen: Viele Apps können mithilfe von KI-Systemen Patienten untersuchen, potenzielle Nebenwirkungen identifizieren und mögliche Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Arzneimitteln erkennen. Auf diese Weise kann KI dabei helfen Patienten zu schützen und unerwünschte Nebenwirkungen zu minimieren.
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