Der Wunsch nach einem längeren, gesünderen Leben begleitet die Menschheit seit jeher. Im Internet kursieren tausende Artikel zur Thematik – in etwa welche Lebensmittel, Sportarten oder Nahrungsergänzungsmittel sich dazu eignen, die Langlebigkeit zu fördern. Forschern der Universität Köln gelang es nun einen Mechanismus aufzudecken, der einen positiven Zusammenhang zwischen Kälte und einem verlängerten Leben zeigt.
DNA-Schäden machen alt und krank
Altern bezeichnet einen fortschreitenden biologischen Prozess, der durch eine Abnahme der gesunden Körper- und Organfunktionen gekennzeichnet ist. Die genauen zellulären Abläufe des Alterungsprozesses konnten von Forschern noch nicht entschlüsselt werden. Man weiß jedoch, dass sich im Laufe der Jahre etwas in den Zellen verändern zu scheint – Defekte der DNA führen zu verschiedensten altersassoziierten Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Problemen, Osteoporose, Diabetes, Krebs und neurodegenerativen Krankheiten.
Älterwerden ist einer der Hauptrisikofaktoren für die Entstehung von neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson und Chorea Huntington. Ein Charakteristikum dieser Krankheiten sind sogenannte Protein-Aggregationen: das sind Verklumpungen von falsch gefalteten oder in ihrer Struktur gestörten Proteinen. Ab einem gewissen Zeitpunkt sind diese irreversibel und fördern die Entwicklung von Nervenerkrankungen. Gibt es eine Möglichkeit, diese zu verhindern?
Frieren für die Gesundheit?
Bereits in vorherigen Studien konnte gezeigt werden, dass niedrigere Körpertemperaturen einen positiven Effekt auf die Langlebigkeit wechsel- (Fische, Würmer) und gleichwarmer (Säugetiere) Lebewesen haben kann. Im April 2023 wurde im renommierten Fachmagazin „Nature aging“ eine Studie der Universität Köln veröffentlicht, die sich die Auswirkungen von Kälte auf den Organismus genauer angesehen hat.
Für ihre Untersuchungen zog das Forscherteam den Fadenwurm Caenorhabditis elegans und kultivierte menschliche Zellen heran. In beiden waren Gene für zwei typisch altersbedingte Nervenkrankheiten enthalten, nämlich von ALS (Amyotrophe Lateralsklerose) und Chorea Huntington. Im Labor konnte bei beiden Organismen durch Kälteeinfluss dafür gesorgt werden, dass sich weniger Protein-Aggregationen gebildet haben. Durch niedrige Temperaturen wird anscheinend ein Reinigungsmechanismus der Zellen aktiviert, der zu einem Abbau schädlicher Eiweiße führt. Dadurch wird die Wahrscheinlichkeit, dass neurodegenerative Erkrankungen entstehen, herabgesetzt.
Bei Fadenwürmern hat das Herabsenken der normalen Körpertemperatur von 20 Grad Celsius auf 15 Grad Celsius eine eindeutig lebensverlängernde Wirkung, bei Mäusen konnte der Effekt schon bei einer 0,5 Grad geringeren Körpertemperatur festgestellt werden.
Wir werden immer älter
Doch herrscht auch beim Menschen eine Assoziation zwischen der Lebenserwartung und der Körpertemperatur? Die normale Körpertemperatur, die zwischen 36,5 und 37 Grad liegt, schwankt je nach Tageszeit und sollte nicht unter 35 Grad fallen. Das würde eine Unterkühlung und eine Gefahr für die Gesundheit bedeuten. Doch frühere Forschungsarbeiten zeigten bereits, dass die menschliche Körpertemperatur seit der industriellen Revolution in jedem Jahrzehnt um etwa 0,03 Grad Celsius herabgesunken ist – während gleichzeitig die Lebensdauer kontinuierlich gestiegen ist. Wissenschaftler sehen hier einen möglichen Zusammenhang.
Altern im Warmen?
Zusätzlich kamen die Forscher zu dem Schluss, dass sich dieser Mechanismus auch durch genetische Überexpression, also die vermehrte Produktion eines Proteins, einleiten lässt. Das würde bedeuten, dass die Proteinverklumpung auch schon bei normalen Körpertemperaturen ohne Kälteeinfluss gesenkt werden könnte. Durch die neuen Erkenntnisse der Studie erhoffen sich die Wissenschaftler mögliche Ansatzpunkte für die künftige Therapie altersbedingter neurodegenerativer Erkrankungen.
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