In Deutschland leiden 7,2 Prozent der Erwachsenen zwischen 18 und 79 Jahren an Diabetes, 90 Prozent davon an Typ-2-Diabetes. Diesem großen Prozentsatz könnte durch das neue Innovationsprojekt „CLOSE“, das von EIT Health gefördert wird, geholfen werden: Eine sogenannte künstliche Bauchspeicheldrüse soll automatisch die Insulin-Versorgung übernehmen, sodass Insulinspritzen hinfällig werden. Doch auch in finanzieller Hinsicht lohnt sich das Projekt: Bis zu 7 Milliarden Euro könnten pro Jahr gespart werden.
Steigende Diabetes-Raten
Schon seit 1991 beobachten die International Diabetes Federation (IDF) und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit Sorge die steigende Verbreitung von Diabetes mellitus Typ 2. Die „Zuckerkrankheit“ ist charakterisiert durch eine Überempfindlichkeit der Körperzellen gegenüber Insulin, sodass der Bedarf nach dem Hormon ansteigt und schlussendlich nicht mehr gedeckt werden kann. Risikofaktoren sind zum Einen erbliche Veranlagung, aber auch Bewegungsmangel und Übergewicht. Daher stellen Lebensstiländerungen mit regelmäßiger Bewegung und angepasster Ernährung meist die ersten Schritte einer Therapie dar. Erst, wenn auf diese Weise oder durch verschiedene medikamentöse Optionen keine Besserung erreicht wird, kommt es zum regelmäßigen Spritzen von Insulin.
Gefahren eines falsch eingestellten Blutzuckerspiegels
Ein großes Problem beim Spritzen von Insulin ist, dass falsch eingestellte Blutzuckerspiegel fatale Folgen haben können. Somit ist es essenziell, dass die Betroffenen ihre Blutzuckerspiegel regelmäßig kontrollieren und sich dementsprechend Insulin spritzen. Ansonsten können Unterzuckerungen durch Überdosierung, Bewusstlosigkeit, Herzrhythmusstörungen, Schlaganfälle und langfristig Demenzerkrankungen folgen. Außerdem schädigen erhöhte Blutzuckerwerte die kleinen und großen Blutgefäße, was zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, diabetischem Fuß, diabetischen Augenerkrankungen, diabetischen Nierenerkrankungen und Nervenstörungen führen kann. Eine weitere Gefahr bei stark erhöhten Blutzuckerspiegeln ist der glykämische Schock. Neben diesen offensichtlichen Gefahren und Beschwerden für die Betroffenen entstehen zudem durch vermeidbare Krankenhausaufenthalte und einen hohen Pflegeaufwand auch enorme Kosten für das Gesundheitssystem.
Automatische Messung und Insulinvergabe
Das Fraunhofer Institut für Internationales Management und Wissensökonomie kommt in einem aktuellen Bericht zu dem Schluss, dass der Einsatz einer künstlichen Bauchspeicheldrüse, auf Englisch „Artificial Pancreas“, daher abgekürzt „AP“, große Vorteile sowohl für Patienten als auch für Gesundheitssysteme bringen würde. Das AP-System setzt algorithmusgesteuert über eine Insulinpumpe auf der Basis von regelmäßigen Blutzuckermessungen Insulin frei. Damit würde rund 8 Millionen Europäern, die aufgrund einer Typ-2-Diabetes-Erkrankung auf eine Insulinverabreichung und somit oft auch auf häusliche Pflege angewiesen sind, geholfen werden. Das Fraunhofer Institut geht zudem davon aus, dass durch die auf den Bedarf abgestimmte Insulinvergabe die Hospitalisierungsrate deutlich gesenkt werden könnte. So würden die Gesundheitssysteme in Europa jährlich bis zu 4 Milliarden Euro einsparen können. Zudem würde die spezifisch abgestimmte Vergabe den Insulinverbrauch um bis zu 20 Prozent reduzieren. Durch diese Einsparungen sowie den verringerten Pflegeaufwand rechnet das Fraunhofer Institut mit Einsparungen von bis zu 7 Milliarden Euro pro Jahr. Aktuell wird der Einsatz der AP in einer Real-World-Studie getestet.
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