Die Rachitis, eine lange in Vergessenheit versunkene Kinderkrankheit, treibt nun wieder ihr Unwesen: In Schottland wurde in den letzten Jahren ein Anstieg der Fallzahlen beobachtet. Erfahren Sie hier, wie sich Rachitis äußert und welche Kinder auch hierzulande gefährdet sind.
Rachitis – eine Krankheit der Armen?
Bei der Rachitis kommt es zu Verformungen und Fehlstellungen von Knochen. Die Ursachen sind eine Mangelernährung und zu wenig Sonnenlicht. Vor allem im 19. Jahrhundert waren viele Kinder in den ärmsten Stadtvierteln Großbritanniens betroffen – wegen des Smogs in den Industriestädten bekamen die Kinder nur wenig UV-Strahlung zu Gesicht oder wurden aufgrund der Armut ihrer Familie nicht mit ausreichend Nahrung versorgt.
Schon seit vielen Jahren erkranken in westlichen Ländern nur noch selten Kinder an der Rachitis – in Schottland wurde jedoch in letzter Zeit ein Anstieg der Fälle verzeichnet. So waren es im Jahr 2018 noch 354 Betroffene; 2022 erkrankten bereits 442 Kinder. Der Großteil dieser Patienten stammt aus der Nähe der Stadt Glasgow, wo fast ein Drittel aller Kinder von Armut betroffen ist. In Deutschland wird die Anzahl an Rachitisfällen auf 400 pro Jahr geschätzt.
Zu wenig Vitamin D verursacht Rachitis
Rachitis entsteht durch einen langanhaltenden Mangel an Vitamin D, welches für die Aufnahme der Mineralstoffe Kalzium und Phosphat in den Organismus benötigt wird. Letztere sind wiederum essentiell für den Aufbau und die Stabilität von Knochen und Zähnen. Erhält der Körper zu wenig Vitamin D, können die Knochen nicht richtig wachsen – sie werden nicht hart genug und können Belastungen nicht standhalten. Auch manche Erwachsene sind von solchen Beschwerden betroffen; bei ihnen spricht man jedoch nicht von Rachitis sondern von Osteomalazie.
Diese Personengruppen haben ein hohes Risiko
Vitamin D stellt der Körper hauptsächlich mithilfe von Sonnenlicht her, das auf die Haut trifft. Dunkelhäutige Menschen brauchen im Vergleich zu Hellhäutigen mehr Sonnenlicht, um Vitamin D zu bilden. Kinder mit dunkler Haut, die in den wenig sonnigen Regionen Nord- und Mitteleuropas leben, haben daher ein besonders hohes Risiko für eine Rachitis. Das gilt auch für Kinder, die ihren Körper etwa aus religiösen Gründen großflächig verhüllen. Bei einigen wenigen Menschen ist die Herstellung von Vitamin D aufgrund genetischer Veranlagung gestört.
Symptome der Rachitis
Vor allem im Säuglingsalter und in der Pubertät treten große Wachstumsschübe auf. Daher macht sich die Rachitis in diesen Phasen besonders bemerkbar: Die Knochen verformen sich und es zeigen sich Fehlstellungen des Skeletts. Bei zwei bis drei Monate alten Babys können eine übermäßige Schreckhaftigkeit, Unruhe, starkes Schwitzen am Kopf sowie fehlende Haare am Hinterkopf auf eine Rachitis hinweisen. Im dritten bis vierten Lebensmonat haben die Säuglinge eine schwache Muskelspannung und eine schlaffe Bauchdecke. Sie leiden unter Verstopfung, reagieren empfindlich auf Berührungen, haben motorische Einschränkungen und womöglich sogar epileptische Anfälle.
Bei weiterem Fortschreiten der Krankheit können folgende Symptome auftreten:
- Weiche Schädelknochen
- O-Beine
- Abgeflachter Hinterkopf und hervortretende Stirn
- Ablagerungen an den Knochen, etwa an den Rippen
- Höcker an den Fußknöcheln und Fingern
- Verringertes Wachstum in die Länge
- Verzögertes Durchbrechen der Milchzähne
Was hilft gegen Rachitis?
Die Diagnose einer Rachitis erfolgt durch Röntgenaufnahmen von Knochen sowie die Überprüfung des Vitamin-D-Gehaltes im Blut. Um den negativen Auswirkungen auf das Skelett entgegenzuwirken, muss die Ursache des Vitamin-D-Mangels behoben werden. Dafür bekommen betroffene Kinder etwa tägliche Kalzium- und Vitamin-D-Supplemente. Bei einer rechtzeitigen Behandlung können die Knochenfehlbildungen wieder verschwinden.
Damit Rachitis gar nicht erst entsteht, müssen Kinder vor allem ausreichend UV-Strahlung abbekommen – gleichzeitig sollte man darauf achten, dass kein Sonnenbrand entsteht. Auch durch Vitamin-D-haltige Lebensmittel wie Seefisch, Pilze, Eier und Milch kann man einem Mangel vorbeugen. Außerdem erhalten viele Säuglinge vorsorglich Vitamin-D-Tabletten. Die Supplementierung sollte man aber nicht eigenmächtig beginnen, sondern zuvor mit einem Arzt abklären.
Was meinen Sie?