Lange Zeit galt Menstruation als ein Tabuthema, das mit Stigmatisierung und Schamgefühlen verbunden wurde. Dies zeigte sich auch in der Forschung – bislang wurden Menstruationsprodukte mit Wasser oder Kochsalzlösung statt menschlichen Körperflüssigkeiten getestet. Fachleute der Oregon Health & Science University möchten dies nun ändern: Die Experten testeten erstmals die Saugfähigkeit von Menstruationsartikeln mit Blut. Mithilfe von abgelaufenen Blutkonserven untersuchten die Fachleute rund 21 verschiedene Periodenprodukte.
Kochsalzlösung in der Kritik
Dr. Paul D. Blumenthal, Professor für Gynäkologie und Geburtshilfe an der Universität Stanford, betrachtet die Verwendung von Kochsalzlösung für die Testung von Periodenprodukten kritisch: Dem Experten zufolge handle es sich hierbei um keinen klinisch aussagekräftigen Messwert. Bei derartigen Untersuchungen werde weder berücksichtigt, wie sich die Patientin beim Benutzen des Tampons fühlt noch wie sie durch den Alltag gehen kann. Im Allgemeinen ist die Forschung rund um Menstruation und Menstruationsbeschwerden verglichen mit anderen Forschungsthemen gering: In den letzten Jahrzehnten wurden 25-mal so viele Publikationen über Erektionsstörungen veröffentlicht als über die Periode.
Realitätsnahe Forschung
Es gibt klare Unterschiede zwischen herkömmlichem Blut und Periodenblut. Periodenblut ist dickflüssiger und enthält aus der Gebärmutter abgebaute Flüssigkeiten sowie Gewebeteile, welche in Form von kleinen Klumpen im Periodenblut erkennbar sind. Somit kann es auch bei dieser Forschung Unterschiede zwischen dem Forschungsergebnis und der tatsächlichen Aufnahmekapazität von Periodenprodukten geben. Dennoch kommt eine Arbeit im Labor mit Blutkonserven der Realität näher als die bisher übliche Forschung mit Kochsalzlösung. Das Forschungsteam der Oregon Health & Science University will mit den Testungen die Verwendung von Periodenprodukten realistischer darstellen. Obwohl immer mehr Frauen zu alternativen Menstruationsartikeln greifen, sind Tampons die einzigen Periodenprodukte, welche einem von der Industrie regulierten Testverfahren unterzogen werden.
Die Forschenden testeten im Labor die jeweilige maximale Aufnahmekapazität der verschiedenen Menstruationsartikel. Von den getesteten Produkten erwies sich die Menstruationsscheibe mit einer durchschnittlichen Aufnahmekapazität von 61 ml als am aufnahmefähigsten. Am wenigsten absorbierte Periodenunterwäsche mit durchschnittlich 2 ml. Tampons der Stärke ultra, Binden sowie Menstruationstassen konnten zwischen 20 und 50 ml aufsaugen. Somit konnte festgestellt werden, dass die getesteten Periodenprodukte weniger aufnahmen als von den meisten Herstellern angegeben.
Veraltete Messung
Während einer normalen Periode werden in etwa 70 bis 80 ml Blut verloren. Hat ein Mensch jedoch eine starke Regelblutung, liegt das Ausmaß an verlorenem Blut zwischen 160 und 400 ml. Bei Letzterem handelt es sich um eine sogenannte Menorrhagie, die oftmals allerdings nicht diagnostiziert wird.
Für viele Menstruierende ist es schwer zu beurteilen, wie eine normale Periode auszusehen hat. Die Einschätzung der Menstruierenden ist daher meist sehr subjektiv. Ob ein starker Periodenausfluss vorhanden ist, wird über den Verbrauch an Periodenartikeln geschätzt. Um den Verlust von Periodenblut zu ermitteln, wird der sogenannte Pictorial Blood Loss Assessment Chart (PBAC) genutzt. Die Stärke der Regelblutung wird hierbei mit der Anzahl an Tampons und Binden sowie der erkennbaren Menge aufgenommenen Blutes gemessen. Da insbesondere Menschen mit stärkerer Regelblutung Menstruationstassen und -scheiben verwenden, wäre es von Vorteil, auch alternative Periodenprodukte im PBAC zu berücksichtigen. Konkrete Angaben über die Aufnahmefähigkeit aller etablierten Menstruationsartikel sollen dazu beitragen, in Zukunft genauere Diagnosen zu ermöglichen.
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