Schon länger verbreiten sich verschiedene Mutationen des Coronavirus auf der ganzen Welt. Die neue Variante aus Großbritannien, die Mutation B 1.1.7, beunruhigt Experten dabei am meisten. Mittlerweile steht die Frage im Raum, ob das Virus eine Resistenz gegen vorhandene Impfstoffe entwickeln könnte. Eine Studie aus Seattle versucht anhand von vier verwandten Erkältungsviren eine mögliche Prognose abzugeben.
Zwei von vier Virenvarianten bilden Fluchtmutationen
Anhand der Studie um Allison Greaney von der University of Washington wurden insgesamt vier Corona-Erkältungsviren verglichen, die schon seit Jahrzehnten in der Bevölkerung grassieren. Hierzu wurden hunderte Erbgutsequenzen analysiert, die im Laufe von über 50 Jahren erstellt wurden. Auffällig ist, dass die enger verwandten Varianten Betacoronavirus OC43 und Alphacoronavirus 229E Fluchtmutationen entwickeln können. Dies sind Mutationen, die auf eine beginnende „Flucht“ vor unserer Immunantwort hindeuten. Als Folge solcher Mutationen kann der Immunschutz nach durchlebter Erkrankung oder auch nach einer Impfung abgeschwächt oder sogar unwirksam werden. Dies würde bedeuten, dass Impfstoffe schneller und häufiger angepasst werden müssten, was eine Eindämmung umso schwieriger macht. Kein Hinweis fand sich jedoch in den anderen zwei Virenformen, die untersucht wurden. Daher ist fraglich, ob die SARS-CoV-2 Variante ebenfalls zu einer Fluchtmutation fähig wäre.
Immunisierung begünstigt Mutationen
Im März vorigen Jahres hatte der britische Premierminister Boris Johnson der eigenen Bevölkerung noch vorgeschlagen, sich anstecken zu lassen, um möglichst schnell eine Herdenimmunität zu erreichen. Virologen gehen jedoch davon aus, dass gerade dort, wo der Virus am häufigsten vorkommt, auch die meisten Mutationen entstehen. Es ist daher vermutlich kein Zufall, dass sich die E484K-Mutation vor allem in Brasilien und Südafrika entwickelt und verbreitet hat und dort vor allem in den Armenvierteln nahezu ungehindert grassiert. Das passiert durch die sogenannte Antigen-Evolution, die dazu führt, dass sich bei fast vollständiger Immunisierung in der Bevölkerung nur noch die stärksten Varianten durchsetzen. Bestätigt wird dies auch durch Berichte von Re-Infektionen in Brasilien: Dort haben sich offenbar bereits einige Menschen mit der neuen Coronavirus-Mutante angesteckt, die nachweislich schon eine frühere Infektion hinter sich hatten und vorerst einen Immunschutz aufweisen sollten.
Was das für die Pandemie bedeutet
Die Studie um Allison Greaney zeigt, dass zumindest einige Coronaviren relativ zügig Flucht-Mutationen ausbilden können. Ob SARS-CoV-2 auch dazu fähig ist, ist bisher jedoch unklar. Aber auch wenn es zu häufigen Flucht-Mutationen kommen sollte, heißt das nicht, dass der Kampf gegen Covid-19 verloren ist. Glücklicherweise ist das Immunsystem im Stande, gegen mehrere Virusproteine Antikörper zu bilden. Das ist auch ein Grund, warum man sich mehrfach im Leben mit denselben Viren anstecken und eine Erkältung bekommen kann. Das gleiche gilt auch bei Impfstoffen: Sollte eine Andockstelle einmal verschlossen sein, wird eine andere gesucht. Ein Ausweg wäre dann, den Impfstoff regelmäßig anzupassen. Auch die Grippeimpfung wird aus ähnlichen Gründen jährlich angepasst.
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