Nach einem langen Arbeitstag lassen viele Menschen ihren Feierabend lieber vor dem Fernseher ausklingen, als sich noch körperlich zu betätigen. Einem kanadischen Forschungsteam zufolge kann jedoch genau dieser Bewegungsmangel auf Dauer zu einer ernstzunehmenden Gesundheitsgefahr werden.
Gesundheitsschädlicher Trend
Im Schnitt verbringt jeder Deutsche mehr als vier Stunden pro Tag im Internet, die durchschnittliche tägliche Fernsehdauer liegt bei 220 Minuten. Dass zu viel Zeit vor elektronischen Geräten Suchterscheinungen, Übergewicht und Konzentrationsschwierigkeiten begünstigt, ist bereits allgemein bekannt. Mediziner kamen nun allerdings zu der Erkenntnis, dass sich durch die Immobilität, die mit derartigen Freizeitbeschäftigungen einhergeht, auch das Risiko für Schlaganfälle erhöht. Obwohl sich sogenannte Apoplexien ursprünglich als Alterskrankheit etablierten, steigt die Zahl junger Schlaganfallpatienten neuerdings beständig an.
Schadet Sitzen der Gesundheit?
„Die sitzende Zeit ist die Dauer der wachen Aktivitäten, die im Sitzen oder Liegen ausgeführt werden. Die sitzende Zeit in der Freizeit ist spezifisch für die sitzenden Tätigkeiten, die außerhalb der Arbeit ausgeübt werden. Es ist wichtig zu verstehen, ob ein hoher Anteil an sitzender Tätigkeit bei jungen Menschen zu einem Schlaganfall führen kann, da ein Schlaganfall zu einem vorzeitigen Tod führen oder die Funktion und Lebensqualität erheblich beeinträchtigen kann“, äußert sich Studienautor Dr. Raed A. Joundi zu den Hintergründen des Forschungsprojekts. Im Verlauf der aktuellen Studie analysierten die Wissenschaftler Daten bezüglich Gesundheit und Lebensstil von 143.000 Erwachsenen. Sämtliche Probanden hatten zuvor weder einen Gehirnschlag noch litten sie an Herz- oder Krebserkrankungen erlitten.
Freizeitaktivitäten näher analysiert
Die Versuchsteilnehmer wurden im Durchschnitt 9,4 Jahre lang medizinisch beobachtet. Schlaganfälle, die während der Untersuchungszeit auftraten, wurden durch die Evaluierung der Krankenhausakten festgestellt. Zudem erfassten die Mediziner die Zeit, die Probanden täglich sitzenden Tätigkeiten widmeten. Dazu zählten unter anderem Lesen, Fernsehen oder Beschäftigungen am Computer. Je nach täglicher Sitzzeit wurden die Versuchsteilnehmer anschließend in vier Kategorien unterteilt – acht Stunden oder mehr, sechs bis weniger als acht Stunden, vier bis weniger als sechs Stunden und weniger als vier Stunden. Darüber hinaus wurden die Testpersonen basierend auf ihrer täglichen körperlichen Betätigung in vier Quartile eingeteilt, wobei das unterste Quartil die geringste physische Aktivität repräsentierte.
Passiver Lebensstil begünstigt Schlaganfälle
Im Rahmen der medizinischen Nachbeobachtung wurden insgesamt 2.965 Apoplexien erfasst. Den Forschern zufolge handelte es sich bei fast 90 Prozent davon um sogenannte ischämische Schlaganfälle, die dann auftreten, wenn die Blutversorgung des Gehirns beeinträchtigt ist. Durchschnittlich verbrachten die Teilnehmer 4,08 Stunden ihrer täglichen Freizeit im sitzenden Zustand. Die über 80-jährigen Probanden gingen im Durchschnitt 4,3 Stunden passiven Tätigkeiten nach, bei den Erwachsenen im Alter von 60 bis 79 Jahren fiel die Inaktivität mit 4,4 Stunden sogar noch höher aus. Am agilsten erwiesen sich Personen im Alter von 60 Jahren und jünger – diese Altersgruppe saß durchschnittlich 3,9 Stunden pro Tag.
Obwohl sich die letztgenannte Altersklasse im Durchschnitt am häufigsten körperlich betätigte, gab es dennoch Studienteilnehmer dieser Gruppe, die angaben, täglich mehr als acht Stunden ohne physische Aktivität zu verbringen. Im Vergleich zum Gruppendurchschnitt bestand für diese Testpersonen ein 4,2-fach erhöhtes Schlaganfallrisiko.
Gesundheitsschädlicher Bewegungsmangel
Besonders problematisch stellte sich das Freizeitverhalten der inaktivsten Alterskategorie heraus: Bei diesen Menschen lag ein siebenfach gesteigertes Schlaganfallrisiko vor, verglichen mit der aktivsten Probandengruppe. Dr. Joundi appelliert an all jene Personen, die eine passive Lebensweise bevorzugen, sich mit den fatalen gesundheitlichen Konsequenzen auseinanderzusetzen. Zudem ermutigt der Mediziner die Allgemeinheit dazu, körperliche Aktivität in den Tagesplan aufzunehmen. Der Forscher engagiert sich für eine aktive Gesundheitspolitik, die eine Kombination aus Bewegung und anderen gesunden Gewohnheiten schon im Jugendalter fördern sollte. Dies würde nicht nur Herz-Kreislauf-Erkrankungen entgegenwirken, sondern auch dem vermehrten Auftreten von Schlaganfällen vorbeugen. Hinsichtlich der aktuellen Studie betont das Team, dass sich die Untersuchungen auf den Freizeitbereich beschränkten. Berufsbedingte Passivität konnte somit nicht berücksichtigt werden.
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