Die Mundflora und ihre bakterielle Zusammensetzung spielen bei der Entstehung von rheumatoider Arthritis eine wichtigere Rolle als bisher gedacht. Offenbar kann anhand der Mundbakterien sogar erkannt werden, wie hoch das Risiko für eine Erkrankung ist. Hinweise darauf wurden durch niederländische Forscher gewonnen: In einer Studie zeigten sich Ähnlichkeiten in der bakteriellen Beschaffenheit des Mundraums von Betroffenen mit früher rheumatoider Arthritis und jenen, die ein hohes Risiko für die Entwicklung der Krankheit haben. Die oral vorgefundenen Bakterien unterschieden sich dabei deutlich von der Mundflora gesunder Personen.
Ungeklärte Ursachen für rheumatoide Arthritis
Rheumatoide Arthritis (RA), auch chronische Polyarthritis genannt, ist die am häufigsten auftretende entzündliche Gelenkserkrankung in Deutschland: Einer von 100 Erwachsenen leidet hierzulande an der Autoimmunerkrankung. Konkret handelt es sich dabei um eine chronisch und schubförmig verlaufende Entzündung im ganzen Körper, meist macht sich die Krankheit jedoch in den kleinen Gelenken der Hände und Finger bemerkbar. Mit konsequenter medikamentöser Therapie lässt sich eine Remission (Nachlassen bis Verschwinden der Symptome) erzielen, grundsätzlich ist die Erkrankung jedoch unheilbar. Bis heute sind die Ursachen für RA nicht gänzlich geklärt: Mediziner vermuten nicht nur genetische Veranlagungen, sondern auch Viren und Bakterien als Auslöser der rheumatoiden Arthritis. Eine Forschergruppe aus Amsterdam liefert nun weitere Hinweise darauf, dass die Krankheit tatsächlich bakteriellen Ursprungs ist. Die entsprechenden Ergebnisse wurden im fachwissenschaftlichen Journal „Arthritis & Rheumatology“ publiziert.
Experimenteller Vergleich von Mundbakterien
Das Team verglich in einer klinischen Studie drei Gruppen von jeweils 50 Probanden anhand der Zusammensetzung ihrer Mundbakterien. Teilnehmende der ersten Gruppe befanden sich in einem frühen Stadium der rheumatoiden Arthritis, die zweite Teilnehmereinheit wies hohe Risikofaktoren für die Erkrankung an einer Polyarthritis auf, hatte aber noch keine spezifischen Krankheitssymptome. Alle restlichen Probanden waren Teil einer Kontrollgruppe, welche ausschließlich gesunde und risikofreie Menschen zählte. Dabei stellte sich heraus, dass Personen mit beginnender Erkrankung und Risikopatienten häufiger entzündungsfördernde Bakterien im Mundbereich aufwiesen als völlig gesunde Personen. Überwiegend handelte es sich um gramnegative (Gram-Färbung als Methode zur Differenzierung von Bakterien: Aufbau der Zellwände unterscheidet sich) Bakterien folgender Arten:
Prevotella-Bakterien
… sind für gewöhnlich Teil des vaginalen oder gastrointestinalen Mikrobioms, d.h. sie sind eine Komponente der Gesamtheit aller Mikroorganismen in der Vagina oder in Magen und Darm. In seltenen Fällen können sie potenzielle Erreger von Infektionen sein.
Veillonella-Bakterien
… sind grundsätzlich fester Bestandteil des Mikrobioms im Mund, sie gehören also zur natürlichen Mundflora. Unter gewissen Umständen können sie ebenfalls krankheitserregend wirken.
Bei Probanden mit früher rheumatoider Arthritis und bei Risikopersonen waren beide Bakteriengattungen überdurchschnittlich häufig im Speichel vorhanden. „Veillonella war auch in höherer relativer Häufigkeit im Zungenbelag zu finden“, stellten die Forschenden abschließend fest. Mit dieser Unterscheidung wurde abermals belegt, dass die Mundschleimhaut Ursprung für rheumatoide Arthritis sein könnte.
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