Eine Studie des Rush University Medical Centers in Chicago untersuchte kürzlich den Einfluss von Botox auf Dystonie und Angststörungen. Menschen, die an Dystonie erkrankt sind, weisen ein besonders hohes Risiko für eine Angststörung auf. Können mit einer Botox-Behandlung womöglich beide Krankheiten auf einmal behandelt werden?
Verbreitung von Dystonie und Angststörungen
Laut der Deutschen Hirnstiftung liegt die Prävalenz einer primären, generalisierten Dystonie-Erkrankung bei 16,4 pro 100.000 Menschen. Für eine fokale oder segmentale Dystonie liegt sie bei 15,4 pro 100.000. Im Jahr 2019 litten 3,94 Prozent der Weltbevölkerung an einer Angststörung. Die Diagnose ist der Stiftung Gesundheitswesen zufolge in Deutschland weiter verbreitet: 9 Prozent der Männer und 21 Prozent der Frauen leiden demnach unter einer Angststörung.
Dystonie ist oftmals nicht die einzige Diagnose
Dystonie ist eine neurologische Bewegungsstörung, die unwillkürliche Muskelkontraktionen zur Folge hat. Doch damit nicht genug: Menschen, die daran erkrankt sind, weisen ein lebenslanges erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer psychischen Krankheit auf: Die Wahrscheinlichkeit liegt bei stolzen 90 Prozent. Besonders häufig trifft Dystonie-Patienten dabei die sogenannte Angststörung: 30 bis 40 Prozent der von Dystonie Betroffenen erhalten diese Diagnose. Eine Angststörung bedeutet für die Patienten wiederum ein erhöhtes Risiko für Substanzmissbrauch.
Botox: Zwei Fliegen mit einer Klappe?
Bereits seit den 1980er Jahren wird Botox genutzt, um Parkinsonpatienten zu behandeln. Die Muskeln werden mit Botox geschwächt, sodass plötzliche Muskelkontraktionen in ihrer Stärke gemildert werden. Die Effekte von Botox sind jedoch nicht darauf beschränkt: Forschende kamen zu dem Schluss, dass der Einfluss von Botox auf die Muskelspindeln wiederum zu einem Einfluss auf dysfunktionale Netzwerke führt. Dieser Effekt wird allgemein als sekundär erachtet. Auch in der Behandlung von Depressionen beginnt Botox seit ein paar Jahren eine Rolle zu spielen, denn eine Botox-Injektion kann eine antidepressive Wirkung bieten.
Die neue Studie des Rush University Medical Centers legte ihren Fokus nun darauf, die Frage zu beantworten, ob Botox auch die Symptome einer Angststörung lindern kann – unabhängig von der Stärke der Dystonie der Patienten. Das Fazit der Wissenschaftler: Eine Minderung der Symptome durch die Angststörung hängt nur minimal mit der Minderung der Symptome durch die Dystonie zusammen. Somit handelt es sich bei der Linderung der Symptome einer Angststörung nicht um einen sekundären Effekt. Stattdessen besteht ein direkter Einfluss von Botox auf die Linderung der Symptome einer Angststörung.
Dass die Wirkung von Botox auf die Symptome einer Angststörung nicht von der Stärke der Dystonie abhängt, bedeutet einen Fortschritt für die Therapie von Angststörungen im Allgemeinen: Betroffene dürfen wohl in Zukunft mit einer neuen Behandlungsalternative ihrer Krankheit rechnen.
Bildquellen
- Eine Frau lässt ihre Augenbrauen von einem Arzt untersuchen: Unsplash.com; Vlad Egorov
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