1,5 Millionen Deutsche leiden an Alzheimer – einer neurodegenerativen Erkrankung, die mit Gedächtnisverlust, Verwirrung und Sprachstörungen einhergeht. Um die Lebensqualität Betroffener zu steigern, forschen Mediziner intensiv an effektiven Medikamenten. Einem amerikanischen Forschungsteam gelang nun ein bedeutender Durchbruch.
Komplikationen durch verklumpte Proteine
Bei der Entstehung von Alzheimer spielen Eiweißablagerungen im Gehirn eine entscheidende Rolle – insbesondere das Protein Beta-Amyloid. Hierbei handelt es sich um einen normalen Bestandteil des Organismus, der bei gesunden Menschen ohne Komplikationen abgebaut wird. Liegt allerdings eine Alzheimererkrankung vor, verklumpt das Protein, was zu einer beeinträchtigten Interaktion zwischen den Nervenzellen führt.
Spezielle Antikörper-Präparate entwickelt
Um diesen Prozess zu verhindern, entwickelten Forscher spezielle Antikörper-Präparate, die darauf abzielen, Beta-Amyloid zu binden und anschließend zu eliminieren. In den Vereinigten Staaten wurden bereits zwei Wirkstoffe zugelassen, die auf diesem Mechanismus basieren – Lecanemab und Aducanumab. Im Rahmen der aktuellen Studie rückte auch der Antikörper Donanemab ins Zentrum des Interesses, von dem ein noch größeres Wirkungspotenzial erhofft wird.
Wirkung von Donanemab näher erforscht
An der Studie beteiligten sich 1.736 Versuchsteilnehmer im Alter von 60 bis 85 Jahren, die Alzheimer im Frühstadium aufwiesen. Zunächst wurden die Probanden in zwei Gruppen unterteilt – während die einen Patienten über einen Zeitraum von 72 Wochen alle vier Wochen eine Infusion mit Donanemab verabreicht bekamen, erhielten die anderen Versuchspersonen lediglich ein Placebo. Im Verlauf des Forschungsprojektes untersuchten die Fachleute die Probanden in regelmäßigen Abständen, wobei der Fokus auf den Zustand des Gehirns gelegt wurde.
Krankheitsverlauf um 30 Prozent verlangsamt
Die Wirkung von Donanemab machte sich schon bald bemerkbar: Nach einem halben Jahr benötigte die Hälfte der Patienten, die mit diesem Wirkstoff behandelt wurden, keine Therapie mehr, da die Ablagerungen ausreichend reduziert werden konnten. Außerdem stellten die Experten fest, dass sich der Wirkstoff als besonders effektiv erweist, wenn er bereits in einem sehr frühen Krankheitsstadium eingesetzt wird. Insgesamt deuten die vorliegenden Ergebnisse darauf hin, dass Donanemab das Voranschreiten der Krankheit um bis zu 30 Prozent verlangsamen kann. Von dieser Entwicklung profitierten die Betroffenen maßgeblich im Alltag: Den Forschern zufolge waren jene Patienten, die mit Donanemab behandelt wurden, eher dazu in der Lage aktuelle Ereignisse zu besprechen, Freizeitbeschäftigungen nachzugehen und Telefongespräche zu führen.
Schwerwiegende Nebenwirkungen erfasst
Der vielversprechende Effekt hat jedoch auch seinen Preis: Bereits bei der Publikation der ersten Studienergebnisse verwies das Forschungsteam auf schwerwiegende Nebenwirkungen. So äußerten sich bei 1,5 Prozent der Versuchsteilnehmer starke Blutungen und Schwellungen im Gehirn, die zum Tod von drei Probanden führten. Jeder Dritte entwickelte durch den Wirkstoff leichte Hirnschwellungen.
Ambivalente Ergebnisse
Der Forschungsdirektor der britischen Alzheimer-Gesellschaft betont die Bedeutung der gewonnenen Erkenntnisse: „Dies ist wirklich ein Wendepunkt im Kampf gegen Alzheimer, und die Wissenschaft beweist, dass es möglich ist, die Krankheit zu verlangsamen.“ Gleichzeitig ruft er zu einem verantwortungsvollen Umgang auf: „Die Aufsichtsbehörden müssen diese Nebenwirkungen gegen die Vorteile des Medikaments abwägen.“ Wann Arzneimittel mit Donanemab zugelassen werden, bleibt bislang unklar. Aktuell wird die Sicherheit des Wirkstoffs von verschiedenen Arzneimittelbehörden überprüft.
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