Es ist ein faszinierendes und gleichzeitig paradoxes Phänomen: Schmerzen können ohne jeglichen nachweisbaren Wirkstoff behandelt werden – und zwar mithilfe des Placebo-Effekts. Genauer gesagt ist mit dem Begriff gemeint, dass Scheinbehandlungen (also etwa Tabletten oder Therapieverfahren, die gar keine Wirkung haben) dennoch zu einer Besserung von Symptomen führen können. Dies wurde bereits bei den verschiedensten Krankheitsbildern nachgewiesen – sowohl bei körperlichen Beschwerden wie etwa Parkinson als auch bei psychischen wie Depressionen.
Doch wie genau funktioniert der Placebo-Effekt und kann er tatsächlich in der Therapie eingesetzt werden? Die Antworten auf diese Fragen finden Sie im Folgenden.
So wirkt der Placebo-Effekt
Zum einen basiert der Placebo-Effekt auf der Erwartungshaltung der kranken Person, dass die Behandlung eine positive Wirkung zeigen wird. Je höher z.B. das Vertrauen zum Arzt, desto mehr erwartet man sich meist von der Therapie. Das sind die bewussten Gedankengänge, die zum Placebo-Effekt beitragen. Doch auch im Unterbewusstsein spielt sich einiges ab: Wenn der Körper mehrmals die Erfahrung macht, dass eine bestimmte Behandlung zu einer Verbesserung von Symptomen führt, „merkt“ er sich diesen Zusammenhang irgendwann. Wer also etwa bei Kopfschmerzen immer dieselbe Schmerztablette nimmt, lernt mit der Zeit, dass z.B. der Geschmack der Pille eine Symptomlinderung zur Folge hat. Es kann sein, dass nach einiger Zeit das alleinige Einnehmen der Tablette dazu führt, dass die Kopfschmerzen geringer werden.
Was sich dabei im Körper abspielt
Folgende Mechanismen setzt der Placebo-Effekt im Körper in Gang: Das Erscheinungsbild bzw. der Geschmack des Scheinmedikaments oder die hoffnungsvollen Aussagen des Arztes werden im Gehirn verarbeitet und führen zu einer positiven Erwartungshaltung. Daraufhin werden Teile des Gehirns aktiviert, die mit der Verarbeitung von Emotionen und kognitiven Prozessen in Verbindung stehen. Diese regen dann den sogenannten Hypothalamus an. Dabei handelt es sich um eine Struktur im Gehirn, die die Befehle für die unterschiedlichsten Prozesse im gesamten Organismus erteilt. Je nachdem, gegen welche Beschwerden der Placebo-Effekt ankämpft, werden auch unterschiedliche Prozesse ausgelöst. So kann es z.B. zu einer Ausschüttung von schmerzhemmenden Endorphinen im zentralen Nervensystem kommen oder es werden bestimmte Reaktionen im Immunsystem getriggert.
Funktioniert der Placebo-Effekt bei allen gleich gut?
Menschen unterscheiden sich dahingehend, wie stark der Placebo-Effekt bei ihnen wirkt. So mildert er bei Frauen Symptome besser als bei Männern. Auch eine genetische Veranlagung könnte die „Anfälligkeit“ für Placebos beeinflussen. Je schwerwiegender die Schmerzen sind, desto weniger gut lassen sie sich durch Scheinmedikamente abschwächen. Bei Erkrankungen des zentralen Nervensystems wie etwa Demenz kann es sein, dass der Placebo-Effekt gar nicht mehr wirkt.
So machen sich Ärzte den Placebo-Effekt zunutze
Eine positive Erwartungshaltung beim Patienten wird auch erzeugt, wenn der Arzt Mitgefühl zeigt und sich beim Gespräch Zeit nimmt. Durch eine verbesserte Arzt-Patienten-Kommunikation könnte man also einen größeren Behandlungserfolg erzielen.
Doch es gibt auch weitere Möglichkeiten, den Placebo-Effekt in der Behandlung einzusetzen: Verabreicht man einen tatsächlichen Wirkstoff mehrmals zusammen mit einem Scheinmedikament, kann das dazu führen, dass die Wirkung des Arzneimittels auf das Placebo „abfärbt“. Dies könnte man wiederum nutzen, um die Wirkung des echten Medikaments noch zu erhöhen oder um dieses nur noch in geringerer Menge einnehmen zu müssen. Der große Vorteil der Scheinmedikamente: Der Placebo-Effekt geht dabei mit keinerlei unerwünschten Nebenwirkungen einher. Forscher konnten nämlich feststellen, dass die Nebenwirkungen von Wirkstoffen nicht auf das Placebo „überspringen“.
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