Im Jahr 2018 erkrankten rund 18,1 Millionen Menschen weltweit neu an Krebs. Trotz der hohen Anzahl an Neuerkrankten sowie Sterbenden jährlich gilt die Volkskrankheit als unheilbare Krankheit. Daher sind Forscher weiterhin bemüht, Heilungsmöglichkeiten verschiedenster Art zu erforschen. Nun hat ein Forschungsteam der Universität Frankfurt neue Erkenntnisse zu einem möglichen Heilungsansatz der tödlichen Krankheit gesammelt. Hierbei soll das bereits lange Zeit bekannte Durchfallmittel Loperamid als Therapiemethode zur Hilfe gezogen werden.
Durchfallmittel führt zu Stressreaktion in Krebszellen
Bei der Forschungsdurchführung handelt es sich um die Behandlung eines bösartigen hirneigenen Tumors, des sogenannten Glioblastoms. Bei diesem Tumor handelt es sich um eine besonders aggressive Art, welche nur schwer durch operative Eingriffe entfernbar ist. Auch durch eine Chemotherapie lässt er sich nur schwer bekämpfen. Zusätzlich breitet er sich sehr schnell aus und stellt daher eine äußerst hohe Lebensgefahr für den Menschen dar, was bei den meisten Patienten mit dem Tod verbunden ist.
Nun konnten die Wissenschaftler herausfinden, dass die Krebszellen des Glioblastoms durch den Wirkstoff des Loperamids in eine Stresssituation im Endoplasmatischen Retikulum versetzt werden. Damit würde das wichtige Zellorgan an einigen Schritten der Proteinsynthese gehindert werden. Durch den entstehenden Stress im Endoplasmatischen Retikulum kommt es zur sogenannten Autophagie. Hierbei baut die Zelle ihr eigenes Zellmaterial ab – beschädigte Zellorganellen oder überflüssige Zellbestandteile werden dabei recycelt, sodass nur noch die funktionsfähigen Zellteile überleben. Bei dem Einsatz des Durchfallmittels jedoch werden so viele Zellbestandteile abgebaut, dass die gesamte Zelle abstirbt und sich somit selbst zerstört.
Zellabbau in normalen Zellen harmlos
Mit der Zuführung des Durchfallmittels Loperamid wird die Krebszelle folglich so viel Stress ausgesetzt, dass ein Selbstverdau erfolgt, welcher die Selbstzerstörung zur Folge hat. Bei einem gesunden Zellmechanismus ist diese Autophagie jedoch ein normaler und sogar sinnvoller Vorgang. Denn durch das Abbauen und Eliminieren unbrauchbarer und abgestorbener Zellbestandteile wird das Überleben der Zelle gesichert. Manche Tumorzellen hingegen bauen bei der Autophagie so viel Zellmaterial ab, dass ein Überleben unmöglich ist. Auch bei der Einnahme von Loperamid als Durchfallmittel wird es nicht von den Darmzellen, sondern lediglich an bestimmten Bindestellen aufgenommen.
Wertvolle Erkenntnis für die Zukunft
Diese Erkenntnisse liefern nun neue Möglichkeiten der Therapierung von Hirntumoren. Sogar für die Behandlung weiterer Tumorarten oder chronischer Erkrankungen wie Nervenzellerkrankungen oder Demenz seien diese Forschungsergebnisse vielversprechend, da hier auch der Abbau des Endoplasmatischen Retikulums gestört ist. Jedoch heben die Forscher auch hervor, dass es sich bei den vorliegenden Ergebnissen lediglich um die Arbeit mit Zellkulturmodellen handelt. Um Loperamid schließlich als zuverlässiges Krebsbekämpfungsmittel einsetzen zu können, erfordert es noch mehr Forschungsarbeit. Beispielsweise muss geklärt werden, ob das Mittel ins Gehirn transportiert werden kann und ungehindert die Blut-Hirn-Schranke passieren kann.
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