Pillenpackungen mit Magnesium, Eisen oder verschiedenen Vitaminen füllen schon längere Zeit die Regale der Super- und Drogeriemärkte. Doch die Nahrungsergänzungsmittel stehen aufgrund möglicher Risiken auch seit längerem in der Kritik. Viele Menschen greifen beherzt zu derartigen Produkten, weil sie meinen ihrer Gesundheit damit etwas Gutes zu tun – doch schaden uns die Präparate in Wahrheit?
Überdosierungen sind gesundheitsgefährdend
Nach Klaus Müller, Chef des Bundesverbands der Deutschen Presse-Agentur, sei besonders die Überdosierung von Vitaminpillen ein echtes Problem. Da Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe nicht festgelegt seien, nehme ungefähr ein Drittel der Deutschen unnötige Mengen von Nahrungsergänzungsmitteln ein. „Das Gefühl, ich nasche möglichst viele Vitamine – und je mehr, desto besser – ist medizinisch schlicht falsch“, so Müller. Besonders bei Vitamin D können starke Nebenwirkungen aufgrund einer zu hohen Dosierung auftreten: Muskelschwäche, Müdigkeit und Herzrhythmusstörungen wären die Folge. Der Griff zu einer Vitamin-D-Kapsel ist nicht unbedingt notwendig, da es oft schon hilft, einen Spaziergang im Tageslicht zu unternehmen. Aber auch zu viel Vitamin A führt zu Kopfschmerzen, Übelkeit oder Sehstörungen.
Schärfere Regelungen sind notwendig
Müller kritisiert, dass es in Bezug auf Nahrungsergänzungsmittel keine europäischen Regelungen gebe. Diese ließen seit fast 20 Jahren auf sich warten. Die Verbraucherzentralen drängen auf strengere Vorgaben für Nahrungsergänzungsmittel wie Kapseln mit Mineralstoffen und Vitaminen. Während Arzneimittel eine Zulassung mit Untersuchungen von Wirksamkeit und Nebeneffekten benötigten, gebe es all dies bei Nahrungsergänzungsmitteln nicht. Die Vorgaben müssten daher überarbeitet werden, fordert Klaus Müller. Er wendet sich ebenfalls dagegen, auch einfachere Arzneimittel in Supermärkten anzubieten, da die Versuchung, „sich mal eben etwas einzuwerfen“ zu groß und zu gefährlich sei. Auch bei rezeptfreien Mitteln sei es gut, in Apotheken jemanden zu haben, der noch einmal drauf gucke und vielleicht eine kritische Frage stelle. An der Supermarktkasse bekäme man die eher nicht gestellt.
Die meisten Nahrungsergänzungsmittel sind überflüssig
Verbraucher geben jährlich mehr als eine Milliarde Euro für Nahrungsergänzungsmittel aus. Dabei sind die meisten überflüssig, andere mitunter sogar gefährlich. Die Produkte werden nicht auf ihre Wirksamkeit und Sicherheit sowie die Richtigkeit der Werbeaussagen hin überprüft. Dafür ist ganz alleine der Hersteller verantwortlich.Trotzdem nimmt in Deutschland jeder Dritte Nahrungsergänzungsmittel ein, so eine aktuelle Forsa-Umfrage im Auftrag der Verbraucherzentralen. Die Werbung überschlägt sich mit wohlklingenden Versprechen, wonach uns Vitamine, Mineralstoffe oder exotische Pflanzenstoffe zu einem gesünderen Leben verhelfen. Davon verunsichert kaufen Verbraucher häufig vorsorglich Nahrungsergänzungsmittel, erhalten aber zu wenig verlässliche Informationen über die Produkte und unterschätzen daher mögliche Risiken. Tatsächlich sind die meisten Pillen und Pulver schlicht wirkungslos für Menschen, die sich normal ernähren, also keinen Mangel an bestimmten Nährstoffen haben. „Zu einem Mangel kommt es in Deutschland normalerweise erst gar nicht“, sagt Christian Sina, Direktor des Instituts für Ernährungsmedizin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Lübeck. Auch wer nicht täglich Obst oder Gemüse isst, nimmt meist ausreichend Vitamine, Spurenelemente und Mineralien über die Nahrung zu sich. Aber selbst wenn es zu einer Mangelernährung kommt, helfen die Pillen nicht weiter: „Solche Mängel lassen sich kaum durch Nahrungsergänzungsmittel verhindern, denn die können niemals Obst oder Gemüse ersetzen“, so Sina.
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