Mit Ultraschall verbinden wir vor allem das bildgebende Verfahren der Sonografie, welches in der Medizin zur Untersuchung von Organen zum Einsatz kommt. Doch der hochfrequente Schall kann nicht nur sichtbar machen, er kann auch stimulieren, erklären Forschende der University of Oxford und der University of Plymouth. In einer neuen Studie zeigen die britischen Wissenschaftler, wie transkranielle Ultraschallstimulation mit niedriger Intensität dazu verwendet werden könnte, psychische Störungen zu behandeln.
Fehlentscheidungen durch psychische Erkrankungen
In vielerlei Hinsicht ist das Gehirn für die Wissenschaft noch eine Art Blackbox: Welche Funktionen wie zustande kommen und wodurch sie beeinflusst werden, ist noch nicht vollends verstanden. In der aktuellen Studie analysierten die Forschenden daher an Makakenaffen den Effekt von Ultraschallstimulation auf das Gehirn und die Verbindungen zwischen Entscheidungen und deren Ergebnissen. Bei einigen psychiatrischen Erkrankungen sind diese Verbindungen gestört, sodass es häufig zu Fehlentscheidungen kommt. Die Ergebnisse, die sie im Fachmagazin „Science Advances“ veröffentlichten, sollen unser Verständnis des Gehirns und dessen Erkrankungen verbessern und gegebenenfalls in Zukunft Behandlungen mit transkranieller Ultraschallstimulation (TUS) ermöglichen.
Mehr Entschlossenheit durch Ultraschallstimulation
In der Studie stimulierten die Forschenden mittels TUS ein Hirnareal der Makaken, welches an Entscheidungs- und Lernprozessen beteiligt ist. Das führte dazu, dass die Primaten entschlossenere Entscheidungen trafen und ihre Entscheidungsfindung außerdem weniger adaptiv war. In Kontrollversuchen wurde ein anderes Areal stimuliert, was jedoch keine Auswirkungen auf die Entscheidungen hatte. „Diese Forschungsarbeit ist in mehreren Bereichen von entscheidender Bedeutung. Sie ermöglicht es uns zum ersten Mal, Hypothesen über die Rolle tiefer kortikaler Bereiche bei der Kognition nicht-invasiv zu testen und gleichzeitig die zugrunde liegende neuronale Aktivität bei Primaten und möglicherweise auch beim Menschen aufzuzeichnen“, erklärt Studienautor Dr. Davide Folloni in einer Pressemitteilung der Oxford University.
„Das Gehirn ist wie ein Mosaik“
Würde man die Rolle der Hirnregionen, die bei psychiatrischen und neurologischen Erkrankungen zu Fehlentscheidungen führen, besser verstehen, könnten Möglichkeiten der nicht-invasiven Behandlung leichter erforscht werden. Bei dieser Art der Behandlung gebe es aber auch Herausforderungen, bemerken die Wissenschaftler. Studienautorin Dr. Elsa Fouragnan von der University of Plymouth erklärt: „Das Gehirn ist wie ein Mosaik – es gibt mehrere Teile, die unterschiedliche Aufgaben erfüllen. Jeder Teil kann mit einem bestimmten Verhalten verbunden sein. Die Herausforderung besteht zunächst darin, herauszufinden, ob dieses Verhalten kausal mit einer bestimmten Hirnregion verbunden ist. Nur durch Hirnstimulation lässt sich diese Frage beantworten.“ Außerdem könne es sein, dass die Stimulation eines Bereichs auch Auswirkungen auf andere Regionen des Gehirns hat. Deshalb sei es wichtig zu verstehen, wie sich die Areale gegenseitig beeinflussen.
Neuromodulation als Behandlung für psychische Probleme
„Das wirklich interessante Ergebnis dieser Studie ist nicht nur die Entdeckung, wo bestimmte Entscheidungsprozesse stattfinden, sondern auch, wie die Neuromodulation diese und damit verbundene Verhaltensweisen verändern kann. Wir hoffen, dass dies den Weg für neue Studien am Menschen, insbesondere bei Patienten mit psychischen Problemen, ebnen kann“, erklären die Forschenden abschließend.
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