Immer häufiger sieht man Models auf Plakaten, die nicht dem klassischen Idealbild eines Körpers entsprechen. Außerdem wird mehr von Vielfalt und „Body Positivity“ gesprochen. Selbst Formate wie „Germany’s Next Topmodel“ verkaufen sich nun als divers und versuchen ein neues Image zu erreichen. Man könnte fast glauben, dass „Size Zero“ und massives Untergewicht keine Themen mehr in unserer Gesellschaft sind – dies ist aber leider ein Irrglaube. Allein in Deutschland wird immer noch bei 1,1 Prozent der Frauen und 0,3 Prozent der Männer eine Magersucht diagnostiziert.
Magersucht erkennen
Die Schwierigkeit Essstörungen zu erkennen, ist relativ hoch. Jeder Mensch hat ein anderes Essverhalten und nicht jede Eigenart bei der Nahrungsaufnahme ist auch eine Störung. Allerdings sind alle Essstörungen psychische Erkrankungen, die die Beziehung zum eigenen Körper gut beschreiben. Es gibt verschiedenste Formen dieser psychischen Erkrankung, die häufigste ist die Anorexia Nervosa, besser bekannt als Magersucht. Die Bezeichnung „Anorexia Nervosa“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „nervlich bedingte Appetitlosigkeit“. Betroffene Personen nehmen sich selbst als übergewichtig wahr und versuchen somit krankhaft abzunehmen, um sich im eigenen Körper wieder wohler zu fühlen. Dieses Abnehmen kommt aber zu keinem Ende und es wird sich bei keiner Gewichtsklasse eine Zufriedenheit einstellen. Eine Diät ist keine Essstörung, aber es gibt Verhaltensmuster, die darauf hinweisen, dass eine Magersucht vorliegen könnte. Die ersten Symptome spielen sich im Kopf der erkrankten Person ab, denn:
- die Gedanken kreisen nur mehr um das Thema Abnehmen und Essen,
- es besteht eine irrationale Angst vor dem Zunehmen, weswegen sich Personen häufig mehrmals am Tag wiegen,
- das seelisches Befinden hängt von ihrem Gewicht ab
- und bereits kleine Gewichtszunahmen lösen psychische Krisen aus, die zu einer Depression werden können.
Angehörige bemerken die Anorexia Nervosa meistens erst, wenn sich der Körper der betroffenen Person verändert und stark abmagert oder sich das Essverhalten dementsprechend stark verändert hat. Folgende Warnsignale sollten unbedingt ernst genommen werden:
- hohe Reizbarkeit und eine depressive Stimmung der erkranken Person
- selbst auferlegte, strenge Ernährungsregeln, wie z.B. das Vermeiden von Kohlenhydraten
- detailliertes Abwiegen von Lebensmitteln und das Zählen der eingenommenen Kalorien
- intensives Fasten
- Bewegungsdrang und exzessives Ausleben von Sport
- Essrituale, wie z. B. extrem langsames Essen, Nahrungsmittel in sehr kleine Stücke zerschneiden, etc.
- der Body-Mass-Index (BMI) der gefährdeten Person beträgt weniger als 17,5. Dieser Wert entspricht einem Körpergewicht von mindestens 15 Prozent unter dem bei der Körpergröße zu erwartendem Gewicht
- das Untergewicht wird von der Erkrankten selbst herbei geführt und nicht als solches wahrgenommen
Extremes Hungergefühl wird bei einer Magersucht angestrebt und gilt als Zeichen, dass man alles richtig macht. Dies wollen Magersüchtige nicht nach außen tragen und versuchen zu vertuschen, dass sie ihre Ernährung stark kontrollieren und immer dünner werden wollen.
Folgeerkrankungen des Magerwahns
Wenn der Körper über einen längeren Zeitraum unterernährt wird, kommt es zu schweren gesundheitlichen Folgen. Mit einer schwerwiegenden Magersucht gehen häufig Krankheiten einher, wie
- eine verminderte Knochendichte, auch Osteopenie und Osteoporose genannt
- das Ausbleiben der Menstruation, was auf Dauer unfruchtbar macht
- Schilddrüsenunterfunktion
- ein gestörter Zuckerstoffwechsel
- eine sehr schlechte Wundheilung
- starkes Kälteempfinden
Außerdem kann es bei einer Magersucht zu einer sogenannten „komorbiden Störung“ kommen, was bedeutet, dass sich die Anorexia Nervosa mit einer weiteren Essstörung, wie Bulimie, Sportsucht oder Orthorexie vermischt.
Wie es zu einer Essstörung kommt
Man kann eine Essstörung nicht auf einen Faktor reduzieren. Es sind mehrere Faktoren, die Menschen in die Sucht treiben. Die meisten Ursachen sind psychischer Natur: geringes Selbstwertgefühl, Angstzustände, Depressionen, Schwierigkeiten mit dem Umgang der eigenen Gefühle, Probleme mit sozialer Interaktion, starkes Verlangen nach Ästhetik, häufige Konfrontationen mit dem idealen Körperbau durch Medien, etc. Allerdings zeigen neueste Studien, dass die Wahrscheinlichkeit unter einer Essstörung zu leiden durch die Gene, also das Erbgut, stark erhöht ist. Die Magersucht beginnt meistens in der Pubertät und sollte im Idealfall so schnell wie möglich behandelt werden.
Der Kampf gegen die eigene Wahrnehmung
Grundsätzlich sollte jeder Essstörungen ernst nehmen. Das Gewicht einer anderen Person sollte nie kommentiert werden, da dies den Wunsch nach einem noch dünneren Körper fördern kann. Am wichtigsten ist es, dass sich die betroffene Person selbst darüber klar wird, dass eine Essstörung vorliegt und diese behandelt werden muss. Diese Behandlung passiert meist mit Hilfe einer Therapie, welche von Personen mit einer hohen Ernährungs-Expertise begleitet wird. Die meisten Therapien finden stationär statt, damit das Essverhalten der erkrankten Person besser kontrolliert werden kann. Bei stark untergewichtigen Fällen ist das Anlegen einer Magensonde elementar, da das geringe Gewicht durch eine normaler Nahrungsaufnahme nicht mehr auszugleichen ist. Wenn eine Magersucht nicht behandelt wird, kann dies sogar zum Tod führen, da der Körper permanent unterversorgt wird. Als Angehöriger ist es wichtig, dass Sie für die betroffene Person da sind und sie bei der Therapie unterstützen. Eine Heilung der Magersucht ist ein langer Prozess und es gibt immer wieder Rückfälle, bei denen sich die Person wieder als zu dick wahrnimmt und unbedingt abnehmen möchte. Eine Magersucht begleitet eine erkrankte Person ein ganzes Leben lang, aber durch die richtige und frühzeitige Therapie kann man diese in den Griff bekommen und ein gesundes Leben führen.
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