Egal ob beim Kochen, in der Freizeit oder während der Arbeit – wohl jeder hat sich in einem unachtsamen Moment schon einmal eine Verletzung zugezogen. Kleine Wunden sind allerdings meist nach kurzer Zeit bereits wieder vergessen. Dies ist dem Heilmechanismus unserer Haut zu verdanken, der das geschädigte Gewebe bestmöglich regeneriert. Bislang wurde hauptsächlich Proteinen eine zentrale Rolle im Wundheilungsprozess zugeschrieben. Forscher kamen nun jedoch zu der Erkenntnis, dass auch natürliche Killerzellen des Immunsystems am Heilvorgang beteiligt sind.
Neuartige Funktionsweise entschlüsselt
Natürliche Killerzellen bilden einen wichtigen Bestandteil des körperlichen Abwehrsystems: Sie perzipieren entartete Zellen, die beispielsweise von einem Tumor oder Virus befallen wurden und eliminieren diese im Anschluss. Einem internationalen Expertenteam unter der Leitung von Christian Stockmann gelang es nun, eine weitere bedeutende Funktion zu identifizieren: die Kontrolle der Wundheilung. „Wir konnten diese Zellen in Mäusen genetisch so verändern, dass das Wachstum von Blutgefäßen beschleunigt wird und sich Hautwunden schneller schließen. Allerdings wird dadurch die Immunabwehr abgeschwächt, was die Anfälligkeit für bakterielle Infektionen erhöht“, erklärt der Mediziner.
Potenzielle Risiken erkannt
Die effektive Regulierung der menschlichen Wundheilungsmechanismen stand in der Biomedizin schon lange im Zentrum zahlreicher Forschungsprojekte. Das Ziel derartiger Experimente liegt in der Stimulation der Gefäßneubildung – durch direkte oder indirekte Immunreaktionen sollen Wunden zukünftig noch schneller verheilen. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass man bei solchen Ansätzen möglicherweise ein erhöhtes Infektionsrisiko in Kauf nimmt. Daher ist hier Vorsicht geboten“, betont der Mediziner.
Des Weiteren widmen sich die Forscher aktuell der Frage, inwieweit Immunzellen die Qualität des Heilprozesses beeinflussen. Hierbei spielt die Regeneration des Bindegewebes und anderer Hautkomponenten wie Drüsen oder Haarfollikel eine entscheidende Rolle. „Die spannendste Frage ist, wie wir es schaffen können, die Wundheilung zu beschleunigen und gleichzeitig die Immunabwehr gegen Wundinfektionen zu stärken“, äußert sich der Immunologe.
Hoffnungsträger der Antibiotikatherapie?
Doch das neu entdeckte Potenzial reicht noch weiter: Im Rahmen medikamentöser Krebsbehandlungen kommen Medikamente zum Einsatz, die durch die Aktivierung der Killerzellen Tumore aus dem Weg räumen. Die vorliegende Datenlage deutet darauf hin, dass derartige Pharmazeutika auch die Therapie bakterieller Infektionen bereichern könnten. Angesichts der beständigen Ausbreitung antibiotikaresistenter Krankheitserreger bestehe dem Forschungsteam zufolge akuter Forschungsbedarf.
Wundheilung im Vordergrund
NK-Zellen befinden sich in fortwährender Interaktion mit anderen Immunzellen und nehmen somit Einfluss auf deren Aktivität. Während dieses Vorgangs setzen sie bestimmte Botenstoffe, sogenannte Zytokine, frei, die unter anderem für das Gewebewachstum und die Spezialisierung der Zellen zuständig sind. Im Zuge umfangreicher Analysen stellten die Forscher fest, dass Killerzellen auch jene Wunden infiltrieren, in denen äußerst niedrige Sauerstoffkonzentrationen herrschen. Dank sogenannter Hypoxie-induzierter Signalfaktoren sind die weißen Blutkörperchen dazu in der Lage, ihre Genaktivität an den Sauerstoffmangel anzupassen.
Fehlt jedoch einer dieser Signalfaktoren namens HIF-1α, so wird die Freisetzung gewisser Zytokine eingeschränkt, was in einer beschleunigten Erneuerung der Blutgefäße resultiert. Die Beeinträchtigung der Zellregulationsproteine sorgt dafür, dass die Bekämpfung bakterieller Infektionen nicht mehr im Vordergrund steht – stattdessen wird der Fokus vollkommen auf die Wundheilung gelegt. Da potenziell gefährliche Infektionen während diesem Prozess vernachlässigt werden, bedarf diese Form der Wundheiltherapie noch eingehendere Untersuchungen, bevor sie medizinisch angewendet werden kann.
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