Dass das Coronavirus bis zu 23-mal im Jahr mutiert, ist mittlerweile schon bekannt. Nun ist Forschern bei der Behandlung eines immungeschwächten Patienten jedoch Weiteres aufgefallen: Das Virus mutierte während der Infektion zu einer neuen Version, die der britischen Variante ähnelte. Das deutet darauf hin, dass immungeschwächte Personen mehr von Mutationen betroffen seien als Patienten mit intaktem Immunsystem.
Für Krebspatienten gefährlich
Bei dem 70 Jahre alten Patienten war bereits ein marginales B-Zell-Lymphom diagnostiziert worden. Er hatte als Folge eine Chemotherapie erhalten, die das Immunsystem stark geschwächt hatte. Nach der Infektion mit SARS-CoV-2 und der anschließenden Einlieferung ins Krankenhaus bekam er sowohl ein antivirales Mittel als auch Rekonvaleszenzplasma. Bei Letzterem handelt es sich um Blutplasma eines Genesenen, das bereits Antiköper gegen das Virus enthält. Zwar begann die Behandlung stabilisierend zu wirken, bald jedoch ging es dem Patienten zusehends schlechter. Das lag daran, dass nicht alle Viren auf diese Weise bekämpft werden konnten, da einige unter ihnen bereits mutiert waren. Er verstarb deshalb an den Folgen der Infektion.
Plasmatherapie wirkte beschleunigend
In der Zeit der Hospitalisierung des Patienten entnahm das Ärzteteam 23 Virusproben, wodurch sich die Mutationen leichter nachvollziehen ließen. So konnte Forschungsleiter Professor Ravi Gupta vom Cambridge Institute of Therapeutic Immunology & Infectious Disease feststellen, dass die Mutation am wahrscheinlichsten auf die Plasmatherapie zurückzuführen ist: „Was wir gesehen haben war im Wesentlichen ein Wettbewerb zwischen verschiedenen Varianten des Virus, und wir denken es wurde durch die Therapieform mit Rekonvaleszenzplasma ausgelöst.“ Erstaunlich war auch, dass sich daraufhin eine Variante entwickelte, die der britischen sehr ähnelte: „Eine der Mutationen ähnelte der neuen Variante aus Großbritannien, obwohl es nie Hinweise darauf gab, dass unser Patient dort war, als es ausbrach.“ Das zeige, wie ähnlich die Mutationen vorangehen.
Weitere Wirksamkeit der Impfstoffe fraglich
Auch wirft diese Beobachtung erneut die Frage auf, ob denn die erhältlichen Impfstoffe weiterhin so wirksam seien, wenn das Virus mehrmals mutiere. Prof. Gupta meint dazu: „Angesichts der Tatsache, dass sowohl Impfstoffe als auch Therapien auf das Spike-Protein abzielen, das wir bei unserem Patienten mutieren sahen, wirft unsere Studie die beunruhigende Möglichkeit auf, dass das Virus mutieren könnte, um unsere Impfstoffe zu überlisten.“
Sorgen sollten sich aber Patienten mit normaler Immunabwehr nicht, da das Virus bisher nur bei Betroffenen mit Immunschwäche diese Entwicklung aufzeigt: „Es ist unwahrscheinlich, dass dieser Effekt bei Patienten mit funktionierendem Immunsystem auftritt, bei dem die virale Diversität aufgrund einer besseren Immunkontrolle wahrscheinlich geringer ist. Aber es unterstreicht die Vorsicht, die wir bei der Behandlung von immungeschwächten Patienten walten lassen müssen, bei denen es zu einer verlängerten viralen Replikation kommen kann, was dem Virus eine größere Chance zur Mutation gibt.“
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