In den vergangenen Wochen las man überall besorgniserregende Informationen zu den neuen Mutationen des Coronavirus in Großbritannien und Südafrika. Doch was lässt ein Virus eigentlich mutieren? Gibt es womöglich noch weitere Mutationsvarianten und wenn ja, wie gefährlich sind diese? Und was bedeutet dies am Ende für die neuen Impfstoffe gegen Covid-19?
So entsteht eine Mutation
Damit Viren überleben können, müssen sie ihr Erbgut in unsere Körperzellen einschleusen. Ist ihnen das gelungen, vermehren sie sich durch die Zellteilung weiter. Doch das Immunsystem bekämpft das Virus, sobald es dieses entdeckt. Das Virus sucht sich sodann allerdings kreative neue Wege, um einen Wirt befallen zu können. Mutationen helfen ihm dabei, die körpereigenen Abwehrzellen effektiv auszutricksen. Da bei der Zellteilung, also dem „Kopiervorgang“ der Viruszellen häufig Fehler entstehen, können dabei Mutationen entstehen. Manche davon sind einfache „Übertragungsfehler“, andere bringen dem Virus wiederum große Vorteile und helfen ihm sich schneller zu vermehren. Dies betrifft sowohl Corona- als auch Influenza-Viren. Im Vergleich zu Grippeviren mutiert SARS-CoV-2 aber eher langsam. Auf diese Weise reduziert das Coronavirus das Risiko für nachteilige Fehler beim Mutieren.
Zwei Varianten setzen sich durch
Seit dem Ausbruch von SARS-CoV-2 um den 31. Dezember 2019 sind Forscher bereits auf diverse Varianten des Virus gestoßen. Die beiden bekanntesten Mutationen haben sich bereits in Deutschland und anderen Ländern Europas ausgebreitet. Eine davon ist B.1.1.7, die ihren Ursprung in Großbritannien hat. Die zweite ist bekannt als 501Y.V2 oder B.1.351, und wurde erstmals in Südafrika entdeckt. Beide Versionen verfügen über mutierte Teile des Eiweißproteins, dem sogenannten Spike-Protein, welches das Virus nutzt, um sich an Körperzellen des Wirts anzuheften.
Südafrikanische Mutante gefährlicher als britische Version
Bei der genauen Analyse der südafrikanischen Mutante haben Forscher gleich drei Veränderungen des Spike-Proteins identifiziert. Damit kann das Virus noch besser an Zellen andocken als die britische Variante. Dadurch ist es ansteckender als alle anderen bislang bekannten Versionen. Dies kann zu weiteren Problemen in der Therapie führen, da Antikörper den Eindringling womöglich nicht rechtzeitig erkennen. Auch besteht die Gefahr, dass die Virusvariante generell noch schwerer zu bekämpfen ist: Das Spike Protein ist auch die Stelle, die unser Immunsystem angreift, um gegen das Virus vorzugehen.
In Laborversuchen konnte mit dem Blut genesener Covid-19-Patienten nachgewiesen werden, dass die darin enthaltenen Antikörper nicht in der Lage waren die Infektiondie südafrikanische Variante abzuwehren. Die Wissenschaftler gelangten damit zu der Erkenntnis, dass von der südafrikanischen Mutation eine erhöhte Gefahr der erneuten Ansteckung ausgeht. Bei Geimpften sieht es allerdings nochmal anders aus: Da sich hier deutlich mehr Antikörper im Blut befinden, ist von einer geringeren Gefahr einer Reinfektion auszugehen. Genauere Untersuchungen sind bislang aber noch ausständig.
Anpassung der Impfstoffe fraglich
Abhängig davon, wie sich das Infektionsgeschehen die nächsten Wochen und Monate entwickelt, werde man die verfügbaren Impfstoffe anpassen müssen – oder eben nicht. Momentan widersprechen sich Experten, wenn es um eine Prognose geht. Manche gehen davon aus, dass bereits die drei Mutationen des Spike-Proteins der südafrikanischen Variante ausreichen, um die Impfung weitaus wirkungslos zu machen. Andere meinen wiederum, dass es nichts an der T-Zell-Immunität ändert, wenn der Virus an unbedeutenden Stellen Mutationen aufweist. Solange diese in ihren Auswirkungen nicht maßgeblich das Genom des Virus verändern und andere Schwachstellen weiterhin offenlassen, kann das Immunsystem diese auch weiterhin bekämpfen.
Bessere Überwachung von Mutationen
Nur durch einen Zufall bzw. eine Auffälligkeit bei den PCR-Tests wurde die neue Mutation in Großbritannien überhaupt entdeckt. Das kommt daher, dass Genomsequenzierungen von den Regierungen bislang nicht ausreichend finanziell unterstützt worden waren. Labore haben diese daher in den seltensten Fällen von sich aus durchgeführt. In Deutschland will das Gesundheitsministerium nun mit einer Verordnung vom 19. Januar 2021 derartige Analysen fördern: Labore und Einrichtungen werden hierbei gegen einen Kostenersatz verpflichtet, Sequenzierungen vorzunehmen und die Ergebnisse an das Robert-Koch-Institut zu übermitteln. Experten sehen diesen Schritt als sehr positiv an. Eine mögliche deutsche Mutationsvariante des Virus kann auf diese Weise frühzeitig entdeckt und infolgedessen mit hoher Wahrscheinlichkeit wirksam bekämpft werden.
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