Die Masern kosten jährlich mehr als 100.000 Menschen das Leben – trotz verfügbarer Impfung. Um Behandlungsmöglichkeiten zu finden, benötigen Experten ein besseres Verständnis darüber, wie die Erreger Zellen befallen. Forscher aus der Schweiz konnten nun Details zur Beschaffenheit eines dem Masern-Virus ähnlichen Erregers herausfinden. Die Ergebnisse sind ein potentieller Ausgangspunkt für die zukünftige Entwicklung von Medikamenten gegen die Infektionen.
Was Hunde mit Masern zu tun haben
Der Erreger, der Masern auslöst, ist ein sogenanntes Morbillivirus. Diese Gattung umfasst eine Reihe von RNA-Viren, die durch sogenannte Andockproteine auf ihrer Oberfläche gekennzeichnet sind. Weiteres Mitglied dieser Virenfamilie ist das Staupevirus (auch Canine Distemper Virus, kurz CDV), welches hochansteckend ist und vor allem eine Gefahr für Hunde und bedrohte Wildtiere darstellt. Sowohl das Masern- als auch das Staupevirus plagen ihre menschlichen oder tierischen Wirte mit Atemwegsproblemen und lösen mitunter Hirnhautentzündungen aus. Wirksame Medikamente gibt es bisher nicht.
Wie gefährlich sind die Masern?
Eine Masern-Infektion zeigt sich unter anderem durch Erkältungssymptome, Fieber, allgemeine Erschöpfung oder Kopfschmerzen. Im Laufe der Erkrankung entsteht außerdem ein Hautausschlag in Form von roten Flecken, die sich meist von den Ohren aus auf andere Körperteile ausbreiten.
Bei manchen Betroffenen kommt es zu bedrohlichen Komplikationen – etwa zu einer Hirnhautentzündung, die wiederum bleibende kognitive Einschränkungen zur Folge haben kann. Ungefähr eines von 10.000 an Masern erkrankten Kindern stirbt oder trägt schwere Konsequenzen davon. Daher empfiehlt die Ständige Impfkommission, dass Säuglinge bereits ab 11 Monaten geimpft werden.
So befallen die Viren ihre Opfer
Für die Entwicklung von Medikamenten gegen Masern müssten Wissenschaftler zunächst besser verstehen, wie die Morbilliviren aufgebaut sind und wie sie es schaffen, fremde Zellen zu erobern. Genau darauf haben Forscher der Universitäten in Bern und Zürich nun Antworten gefunden: Sie konnten erstmals die genaue Beschaffenheit des Andock-Proteins beim Staupevirus ergründen.
Aus vorherigen Studien war bereits bekannt, dass Masern- und Staupeviren über zwei verschiedene Proteine auf ihrer Oberfläche verfügen: ein Andock- bzw. H-Protein sowie ein Fusions- bzw. F-Protein. Vermutlich infizieren die Erreger ihre Wirte folgendermaßen: Kommt das H-Protein in Kontakt mit einem Rezeptor der Wirtszelle, sendet es ein Signal, um das F-Protein zu aktivieren. Dies bewirkt, dass die Oberfläche des Virus mit der Membran der Wirtszelle verschmilzt. Dabei entsteht eine Pore, durch die das Genom des Virus in die Wirtszelle eingeschleust wird. Wie genau das H-Protein aussieht, war bis vor Kurzem allerdings noch nicht bekannt – bis es den Schweizer Forschern gelang es abzubilden.
Eisige Temperaturen ermöglichen Bild von Virus
Die Struktur des H-Proteins wurde mit Hilfe der sogenannten Kryo-Elektronenmikroskopie aufgedeckt. Bei dieser Technik können bei ungefähr -180 °C Bilder in 100.000-facher Vergrößerung gewonnen werden. Es zeigte sich, dass das H-Protein die Form eines Ypsilons hat und aus drei verschiedenen Domänen besteht, nämlich aus Köpfen, einem Hals und einem Stiel.
In einer Pressemitteilung der Universität Bern fasst ein an der Studie beteiligter Forscher die Relevanz der Befunde folgendermaßen zusammen: „Dass wir die Struktur ermitteln konnten, stellt einen großen Sprung nach vorn dar. Dies ermöglicht es uns nun zu verstehen, wie sich die verschiedenen Subdomänen räumlich zueinander verhalten – und liefert uns eine wertvolle Vorlage, um antivirale Medikamente der nächsten Generation zu entwickeln, die das ‚Andock-Protein‘ abblocken.“
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