Blutgerinnungshemmende Medikamente, sogenannte Blutverdünner, beugen Thrombosen, Embolien und Schlaganfällen vor. Sie erhöhen aber auch das Risiko für gefährliche Blutungen. Was bedeutet das für Patientinnen und Patienten, die solche Medikamente einnehmen, wenn sie sich gegen SARS-CoV-2 impfen lassen wollen? Experten geben Entwarnung: Blutverdünner seien kein Hindernis für eine Corona-Schutzimpfung.
Nutzen überwiegt Risiken bei Weitem
Mehrere hunderttausend Menschen in Deutschland nehmen blutgerinnungshemmende Medikamente ein, sogenannte Antikoagulanzien. Sie werden zur Behandlung bei Herzerkrankungen wie Vorhofflimmern eingesetzt oder auch bei Trägern von künstlichen mechanischen Herzklappen. Die umgangssprachlich fälschlicherweise „Blutverdünner“ genannten Arzneimittel sorgen dafür, dass das Blut nicht verklumpt, also gerinnt, und beugen Thrombosen und Embolien vor. Allerdings folgt als logische Konsequenz daraus auch ein erhöhtes Blutungsrisiko – was vielen bei einer Impfung Sorge bereitet. Dennoch sollten sich auch Herzpatienten gegen Corona impfen lassen, so Kardiologe Prof. Dr. med. Thomas Meinertz vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung. Denn „die Schutzwirkung der Corona-Impfung gegen die lebensbedrohlichen Folgeschäden oder gar den Tod durch Covid-19 überwiegen die Risiken durch Blutungen bei Weitem.“ Bei Sorgen oder Verunsicherung können sich Herzpatienten und Angehörige auf der Website der Herzstiftung Informationen von Fachleuten einholen.
Darauf sollten Sie bei der Impfung achten
Warum sich viele Sorgen machen: Der Impfstoff der Corona-Schutzimpfung wird in den gut durchbluteten Oberarm injiziert – im Gegensatz zu vielen anderen Impfungen, die unter die Haut gespritzt werden. Das liegt daran, dass die neuen Impfstoffe auf RNA basieren; Würde man diese unter die Haut spritzen und dort Immunzellen vorhanden sind, wird die RNA sofort erkannt und eine „Abräumaktion“ in Gang gesetzt, was den Impferfolg behindern könnte.
Trotzdem sei dies kein Hindernis für Patienten mit Blutverdünnern, sich impfen zu lassen. Das Robert-Koch-Institut (RKI) empfiehlt dafür sehr feine Injektionskanülen. Im Anschluss sollten Geimpfte die Injektionsstelle für etwa fünf Minuten starken Druck auf die Einstichstelle ausüben. Fachleute raten vorsichtshalber zu einer Nachbeobachtungszeit von 15 bis 30 Minuten. „Darauf sollten Herzpatienten mit Gerinnungshemmern bei ihrem Impftermin im Impfzentrum ausdrücklich hinweisen“, meint Dr. Meinertz. Diese einfachen, aber wichtigen Maßnahmen reduzieren das Blutungsrisiko, damit einer Corona-Schutzimpfung auch für Patientinnen und Patienten mit Blutverdünnern nichts mehr im Weg steht.
Absprache mit dem Arzt wichtig
Keinesfalls dürften Patienten die Blutgerinnungshemmer aber eigenmächtig absetzen, so der Experte. Rechtzeitig vor geplanter Impfung sollten insbesondere jene Personen Rücksprache mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin halten, die etwa wegen einer künstlichen Herzklappe Phenprocoumon (Marcumar/Falithrom) oder Coumadin einnehmen. Dann könne geschaut werden, inwieweit der INR-Wert, der die Stärke der Blutgerinnung und Wirkung des Medikaments angibt, abgesenkt werden kann. Am Tag der Injektion sollte er in der Größenordnung von etwa 2 liegen, also etwas unter dem therapeutischen Bereich. Dies minimiere das Risiko einer intramuskulären Blutung. Schon nach der Impfung könne die normale Dosis wieder eingenommen werden.
Wenig Sorgen machen müssen sich Patientinnen und Patienten, die sogenannte neue direkte orale Gerinnungshemmer einnehmen, kurz NOAKs (Nicht-Vitamin-K-basierte orale Antikoagulanzien). Für diese Medikamente ist das Blutungsrisiko gering. Auch hierbei gilt allerdings die Empfehlung des RKI, eine dünne Kanüle zu verwenden. Eventuell könne eine Absprache mit dem Kardiologen oder der Kardiologin erfolgen, ob eine Dosis ihres Gerinnungshemmers am Impftag ausgelassen werden kann.
Abseits von Medikamenten können die Patienten selbst das Blutungsrisiko bereits deutlich reduzieren: durch das richtige Einstellen vom Blutdruck, das Verzichten auf Alkohol und Vermeiden von der unkritischen Einnahme von Schmerz- oder Rheumamitteln.
In diesem Video erklärt Ihnen Dr. Weigl, wie eine Impfung funktioniert:
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