Weltweit sind Wissenschaftler derzeit auf der Suche nach bereits zugelassenen Medikamenten, welche im Kampf gegen SARS-CoV-2 eingesetzt werden könnten. Denn neue Wirkstoffe müssten zunächst in einer Vielzahl klinischer Studien getestet werden, wofür es momentan schlicht und einfach an Zeit mangelt. Neben Dexamethason soll nun auch das Antidepressivum Fluoxetin hierbei eine Rolle in der frühen Behandlung von infizierten Riskiogruppe-Patienten spielen, wie eine aktuelle Studie von Virologen und Chemikern der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) zeigt.
Wirkstoff eigentlich gegen Depressionen
Seit den 1970er-Jahren dient Fluoxetin der Therapie von Depressionen und weiteren psychischen Erkrankungen. Es gehört zu den „Selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern“ (SSRI). Wie der Name bereits andeutet, üben diese Wirkstoffe eine hemmende Funktion auf die Aufnahme von Serotonin aus.
Labortests mit Coronavirus
Nachdem das Forschungsteam um Professor Jochen Bodem vom Institut für Virologie und Immunbiologie und Professor Jürgen Seibel vom Institut für Organische Chemie im Labor menschliche Zellen mit dem Wirkstoff in Kontakt gebracht und anschließend mit SARS-CoV-2 infiziert hatten, konnten sie erfreuliche Schlussfolgerungen ziehen: Auf dem Preprint-Server bioRxiv veröffentlichten sie nun, dass Fluoxetin eine hemmende Wirkung auf die Vermehrung von SARS-CoV-2 hat – und das bereits in einer sehr geringen Konzentration.
Fluoxetin hemmt Proteinexpression
Die eigentliche Funktion von Fluoxetin – die Hemmung der Serotonin-Aufnahme im menschlichen Körper – scheint in Bezug auf das Coronavirus aber nicht von Bedeutung zu sein, da sich andere Wirkstoffe aus der Gruppe der SSRI weiteren Tests zufolge nicht auf die Vermehrung von SARS-CoV-2 auswirkten. Der Einsatz von Fluoxetin hatte stattdessen eine abgeschwächte Proteinexpression des Virus zur Folge. Mit anderen Worten: Der Wirkstoff hält SARS-CoV-2-Viren davon ab, gewisse Bausteine zu produzieren, welche die Grundlage für seine Vermehrung in der menschlichen Zelle darstellen. Tatsächlich konnte diese hemmende Wirkung nur in Bezug auf Coronaviren beobachtet werden, bei anderen Virenarten jedoch nicht.
Vielversprechende Aussichten
Da sich Fluoxetin bereits über lange Zeit hinweg im klinischen Einsatz bewährt hat, gut erforscht und erhältlich sowie vergleichsweise preiswert ist, zeigt sich die Wissenschaft zuversichtlich, dass es bald in der frühen Behandlung von Covid-19-Risikopatienten eingesetzt werden könnte. Dennoch müsse die Wirkung laut Bodem zunächst an Erkrankten getestet werden.
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