Heilpflanzen gegen Covid-19? Tatsächlich könnte die Natur ein wirkungsvolles Instrument im Kampf gegen das Coronavirus sein. Eine aktuelle Studie eines indischen Forschungsteams untersuchte das Potential von verschiedenen Heilpflanzen – mit vielversprechendem Ergebnis.
Verschiedene Wirkprinzipien notwendig
Aufgrund der unterschiedlichen Verläufe von Covid-19 müssen im Hinblick auf ein Therapiemittel unterschiedliche Wirkungsweisen untersucht werden. Bei Infizierten im späteren Krankheitsstadium steht die Bekämpfung der Symptome im Vordergrund (vor allem die Entzündungsreaktion bei schwerem Verlauf). Andere Wirkstoffe konzentrieren sich auf das Virus selbst: Sie sollen verhindern, dass es sich überhaupt in den menschlichen Zellen einnisten und vermehren kann. Pflanzliche Wirkstoffe zeigen Potenzial für beiderlei Zugänge.
Grüner und schwarzer Tee wirken anti-viral
Ein indisches Forschungsteam hat in einer aktuellen Studie 51 Pflanzen auf die Wirksamkeit gegen SARS-CoV-2 untersucht. Die Laborstudie zielte darauf ab, mit pflanzlichen Inhaltsstoffen die Haupt-Protease 3CLpro (auch Mpro) des Virus zu hemmen. Das Virus benötigt diese Protease, um sich in den infizierten Zellen zu vermehren. Das Hemmen dieses Reproduktionsmechanismus dämmt die Infektion in einem frühen Stadium ein und könnte so schwere Covid-19-Fälle verhindern.
Eine deutliche Wirkung diesbezüglich zeigten besonders grüner und schwarzer Tee sowie Extrakte aus Haritaki (indischer Baum der Flügelsamengewächse). Bereits in früheren Untersuchungen wurden die anti-viralen Eigenschaften von Tee gegen Influenzaviren, Zika, Hepatitis-B und SARS nachgewiesen. Die Catechine in grünem Tee wirken nachweislich anti-oxidativ, gegen Viren und Bakterien und können auch bei Allergien helfen.
In der aktuellen in vitro Studie mit SARS-CoV-2 zeigten Tee und Haritaki ähnlich erfolgreiche Ergebnisse: Sie konnten bei einer Wirkstoffkonzentration von 10 μg/ml 50 Prozent der Viren-Protease hemmen. Bei einer Konzentration von mehr als 40μg/ml waren es sogar über 90 Prozent. Darin sehen die Forschenden deutliches Potenzial für eine Therapie mit diesen Heilpflanzen. Jedoch betonen sie auch die Wichtigkeit weiterer Studien. Ein genaueres Verständnis der bioaktiven Bestandteile der Pflanzen sei erforderlich, um die Entwicklung von Medikamenten zu beschleunigen.
Schwerer Verlauf kann gemildert werden
Eine Behandlungsmöglichkeit der Symptome einer Covid-19-Erkrankung ist das Hemmen der schweren Entzündungen im Körper. Hier haben sich etwa Kurkuma, Thymian, Eukalyptus, Zimt, Zitrone, Minze und Ingwer als wirksam erwiesen. Ebenso auch der Wirkstoff Cannabidiol aus der Hanfpflanze. Er wurde bereits in Studien erfolgreich bei Covid-19-Patienten angewendet und konnte zusätzlich zur anti-inflammatorischen Wirkung das Eindringen des Virus in die Körperzellen erschweren.
Ein Wundergetränk aus Beifuß?
In zahlreichen afrikanischen Staaten wird ein Getränk unter der Bezeichnung Covid Organics als Heilmittel gegen Corona stark promoviert. Dessen Hauptinhaltsstoff soll ein Extrakt aus dem Einjährigen Beifuß (Artemisia annua) sein. Wissenschaftliche Belege über die Wirksamkeit und genaue Angaben der Zusammensetzung des Getränks gibt es bis jetzt nicht. Die bereits in der Malariabehandlung verwendete Heilpflanze ist jedoch vielversprechend. Am Max-Planck-Institut wurde kürzlich eine Studie dazu eingereicht. Die Forscher extrahierten reine Wirkstoffe (Artemisinin) aus der Artemisia-Pflanze und brachten sie mit SARS-CoV-2 zusammen. Im Reagenzglas konnte Artemisinin das Virenwachstum deutlich hemmen. Laut Studienautor Prof. Dr. Peter Seeberger war dieser Effekt noch wirkungsvoller, wenn Kaffee hinzugegeben wurde – Artemisinin allein zeigte sich nur wenig wirksam. Auch in früheren Studien war die ganze Pflanze wirkungsvoller. Dem Studienleiter wird jedoch auch ein Interessenskonflikt vorgeworfen, da er an einer Firma beteiligt ist, die Tee- und Kaffeegetränke mit Inhaltsstoffen der Artemisia vertreibt.
Darum sind Heilpflanzen eine sinnvolle Alternative
Ein Pluspunkt der Heilpflanzen sind die geringeren Nebenwirkungen. Sie wurden schon seit Jahrtausenden verwendet und eine Behandlung damit wirkt ganzheitlich. Im Gegensatz dazu ist in herkömmlichen Medikamenten der Wirkstoff meist isoliert enthalten, was häufig Nebenerscheinungen mit sich bringt. Außerdem ist gerade die Verwendung von Heilpflanzen potenziell günstiger und auch in Staaten mit weniger entwickelter medizinischer Infrastruktur leicht möglich – Stichwort gleicher Zugang für alle.
Trotzdem können auch bei pflanzlichen Wirkstoffen Nebenerscheinungen oder Wechselwirkungen mit anderen Stoffen auftreten. Oft werden pflanzliche Wirkstoffe im Labor „nachgebaut“ und mit anderen Komponenten gemischt. Hier ist es ebenso wichtig, diese gründlich zu untersuchen, bevor sie als Therapiemittel zugelassen werden. Ein großes Potenzial im Kampf gegen das Coronavirus bieten sie auf jeden Fall.
Helmut Mölleken
08.08.2020 08:45Ich habe vor einigen Jahren auf der Internet-Plattform „ncbi“ der amerikanischen Wissenschaften einen Artikel über Viren mit Lipid-Hüllen gelesen. Hier wurde beschrieben, dass die Lipid-Hüllen durch Senföle (Meerrettich) geschwächt wurden.