Die Welt dreht sich um Coronaviren. Dabei wissen viele nicht, dass SARS-CoV-2, Auslöser von Covid-19, noch einige andere Artgenossen hat. Seit über 50 Jahren werden immer wieder neue Coronaviren entdeckt. Bis auf wenige Ausnahmen lösen sie allerdings nur harmlose Erkältungen aus. Aufgrund der Ergebnisse aktueller Studien vermuten Forscher nun, dass eine frühere Infektion mit einem Coronavirus eine gewisse Immunität für Covid-19 bedeuten könnte.
Forschungen auf Hochtouren
Forscher der Charité in Berlin und des Max Planck Instituts für Molekularbiologie untersuchten im Rahmen einer Studie verschiedene Blutproben. Darunter waren 18 von nachweislich an Covid-19 Erkrankten und 68 Proben von Gesunden, die noch nie Kontakt mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 hatten. Die Forscher isolierten Immunzellen aus den Blutproben und stimulierten sie anschließend mit Bruchstücken des Spike-Proteins von SARS-CoV-2. Dieses ist dafür zuständig, Zugang zu menschlichen Zellen zu verschaffen. Ein für Viren überlebensnotwendiger Vorgang. Die Frage, die sich die Forscher stellten: Wie reagieren die Immunzellen des Blutes auf die Stimulation – wenn überhaupt?
Wie funktioniert das Immunsystem?
Um die Vorgänge besser verstehen zu können, hier ein kleiner Ausflug in das Immunsystem des Menschen. Es setzt sich zusammen aus einem angeborenen und einem spezifischen Teil. Letzterer besteht aus B-Zellen und T-Zellen. Spezifisch deshalb, weil sich diese Zellen als Antwort auf einen speziellen Erreger vermehren. Neben anderen, werden auch Gedächtniszellen produziert. Sie verbleiben im Organismus um jederzeit wieder auf genau diesen Erreger (oder ausreichend ähnliche) reagieren zu können.
Gute Neuigkeiten aus Berlin
Die Ergebnisse rund um die Forscher der Charité sind eindeutig. Die Immunzellen aus dem Blut der Erkrankten reagierten auf die Bruchstücke der Viren – bei 15 von 18 Proben wurde eine Immunantwort ausgelöst. Laut den Experten war das jedoch zu erwarten. Unerwartet war, dass die Immunzellen in 35% der gesunden Proben ebenfalls aktiviert wurden. Die Zellen reagierten aber nur auf bestimmte Teile des Spike-Proteins, nämlich jene, die älteren Erkältungs-Coronaviren besonders ähnlich sind. „Das deutet darauf hin, dass die T-Helferzellen der Gesunden auf SARS-CoV-2 reagieren, weil sie sich in der Vergangenheit mit heimischen Erkältungs-Coronaviren auseinandersetzen mussten“, sagt Dr. Giesecke-Thiel, eine der drei Autorinnen und Autoren der Studie. Es fand also eine sogenannte Kreuzreaktion statt.
Ergebnisse in Amerika bestätigt
Eine Studie rund um eine Tiroler Medizinerin am La Jolla Institute for Immunology in Kalifornien brachte ähnliche Erkenntnisse. Auch hier konfrontierten die Forscher verschiedene Blutproben mit Teilen des Virus. Wieder zeigten sich auch in Proben, die vor 2019 entnommen wurden, Reaktionen der Immunzellen. Ein erneuter Hinweis auf bestehende Kreuzimmunitäten zwischen SARS-CoV-2 und anderen Coronaviren.
Ein Drittel der Erkältungen durch Coronaviren ausgelöst
Die Ergebnisse der Studien verleiten zu der Annahme, dass frühere Infektionen mit Coronaviren den Krankheitsverlauf von Covid-19 beeinflussen könnten. Ob eine solche Erkältung vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 schützen kann, muss weiter erforscht werden. Auf jeden Fall können die Erkenntnisse zumindest ein Stück weit erklären, wieso die Verlaufsformen teilweise so unvorhersehbar unterschiedlich sind.
Fakt ist: um die 30% der saisonalen Erkrankungen gehen auf Coronaviren zurück. Meistens äußern sich diese nur in einer leichten Erkältung oder Schnupfen. Vielleicht kommen sie uns nun, im Kampf gegen Corona, doch noch zu Gute.
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