Die Hauptschlagader platzt und man stirbt ohne Vorwarnung: So kann es Patienten mit dem sogenannten Marfan-Syndrom ergehen. Dass die Krankheit so früh wie möglich erkannt wird, ist daher extrem wichtig. Doch was genau ist das Marfan-Syndrom und woran erkennt man es?
Herz, Augen und Knochen sind betroffen
Unter dem Marfan-Syndrom (kurz MFS) versteht man eine genetisch bedingte Erkrankung des Bindegewebes. Die Betroffenen leiden unter einer Vielzahl an Symptomen. Durch einige Merkmale kann das Marfan-Syndrom auch äußerlich erkannt werden. Dazu zählen Gelenke, die sich stark überdehnen lassen, sehr lange Gliedmaßen sowie ein schmaler Körperbau. Einige Betroffene sind außerdem ungewöhnlich groß, wobei das Syndrom auch bei Menschen mit durchschnittlicher Größe auftreten kann. Bei manchen Patienten ist die Wirbelsäule aufgrund einer Skoliose verformt oder es liegt eine sogenannte Kiel- oder Trichterbrust vor. Diese skelettalen Veränderungen wirken sich mitunter negativ auf die Funktionen wichtiger Organe wie dem Herzen und der Lunge aus.
Viele der Betroffenen leiden unter häufiger Müdigkeit. Auch Augenkrankheiten wie Grauer Star oder eine Ablösung der Netzhaut sind mögliche Symptome. Besonders bedrohlich sind außerdem Herz- und Gefäßveränderungen sowie Störungen der Herzklappen.
Warum das Marfan-Syndrom so gefährlich ist
Durch das Marfan-Syndrom entstehen womöglich Veränderungen an der Gefäßwand der Hauptschlagader. Diese kann rissig werden (dann spricht man von Dissektionen) oder es kommt zu Ausbuchtungen (sogenannten Aneurysmen). Mögliche Konsequenz: Die Ader platzt, was meist zum Tod des Patienten führt. Da diese gefährlichen Veränderungen zunächst nicht mit Schmerzen einhergehen, bleiben sie oft unentdeckt. Aufgrund von Anomalitäten an den Herzklappen drohen außerdem eine Herzschwäche oder Endokarditis.
Auch im Auge kommt es mitunter zu vielfältigen Komplikationen, wie etwa zu einer Linsentrübung oder Ablösung der Netzhaut. Zudem kann sich die Linse verschieben oder abreißen. Dadurch büßen die Betroffenen in ihrer Sehkraft ein oder erblinden sogar. Außerdem besteht das Risiko für einen Pneumothorax. Das bedeutet, dass die Lunge zusammenfällt und die Patienten nicht mehr atmen können. Ursache hierfür sind Bläschen, die im Lungengewebe entstehen und irgendwann aufreißen.
Ursache: Schwaches Bindegewebe
Das Marfan-Syndrom wird durch eine Veränderung eines bestimmten Gens verursacht und betrifft etwa ein bis zwei von 100.000 Personen. Menschen, die das Gen in sich tragen, haben eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit das Syndrom an ihre Kinder weiterzugeben. Allerdings kann es auch sein, dass ein Kind das Marfan-Syndrom aufweist, obwohl die Eltern nicht darunter leiden. Bei ca. einem Viertel bis einem Drittel aller Betroffenen ist das der Fall. Der Grund dafür sind Spontanmutationen – also genetische Veränderungen, die erst bei der jeweiligen Person entstehen und nicht von den Eltern geerbt wurden.
Doch warum haben diese Mutationen so große Auswirkungen? Die Veränderungen betreffen ein Gen, das für das sogenannte „Fibrillin“ zuständig ist. Dieses Eiweiß ist wichtiger Bestandteil der Mikrofibrillen. Letztere geben den elastischen Fasern im Bindegewebe ihre Form und spielen in nahezu allen Körperregionen eine große Rolle. Die Mutationen beim Marfan-Syndrom verhindern nun, dass ausreichend Fibrillin im Körper produziert wird. Das hat einen negativen Einfluss auf das Bindegewebe in zahlreichen Organen.
So wird das Marfan-Syndrom behandelt
Da das Marfan-Syndrom Auswirkungen auf eine Vielzahl von Organen hat, muss die Therapie durch verschiedene Experten begleitet werden. Wichtig ist es vor allem die Veränderungen an der Hauptschlagader im Blick zu behalten. Durch sogenannte Betablocker kann zudem verhindert werden, dass Aneurysmen entstehen. Manchmal werden jedoch Operationen notwendig, um den Veränderungen an der Hauptschlagader entgegenzuwirken. Außerdem sollten Maßnahmen zur Vorbeugung einer Endokarditis ergriffen werden.
Auch die Veränderungen am Skelett durch eine Skoliose können behandelt werden, beispielsweise durch das Tragen von Korsetts oder durch chirurgische Eingriffe. Treten Komplikationen am Auge auf, können Lasereingriffe oder ein Ersatz der Linse helfen. Wenn Patienten plötzlich blitzartige Muster sehen oder unter Störungen ihrer Sehkraft leiden, muss dies sofort mit einem Spezialisten abgeklärt werden. Möglicherweise deuten diese Symptome auf eine Ablösung der Netzhaut hin.
Allgemein gilt: Durch diverse Behandlungsmöglichkeiten und regelmäßige Kontrolluntersuchungen können viele Menschen mit Marfan-Syndrom durchaus ein langes Leben ohne größere Einschränkungen genießen.
Das können Patienten selbst tun
Wichtig ist, dass die Betroffenen gut über ihre Krankheit informiert sind und wissen, wie sie zur Prävention beitragen können. So sollten Patienten etwa große Kraftanstrengungen wie das Heben von schweren Gegenständen und bestimmte Sportarten vermeiden. In manchen Fällen werden betroffene Kinder deswegen vom Sportunterricht befreit. Darüber hinaus ist es sehr wichtig sich regelmäßig von Experten wie Kardiologen, Orthopäden und Augenärzten untersuchen zu lassen. Auf der Website der Marfan Hilfe (Deutschland) e.V. finden Betroffene weitere Informationen dazu, wie sie Unterstützung erhalten können.
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