Lange Zeit galten die Masern in Deutschland als so gut wie ausgerottet. Aufgrund zu niedriger Impfquoten infizieren sich aktuell jedoch jedes Jahr wieder mehrere Hundert Menschen mit dem Virus – teilweise mit fatalen Folgen. Die Ansteckung erhöht nämlich das Risiko im weiteren Verlauf des Lebens eine gefährliche Gehirnhautentzündung zu entwickeln. Die genauen Ursachen für dieses Phänomen sind bislang nicht ausreichend erforscht. Ein japanisches Forschungsteam liefert nun jedoch bedeutende Erkenntnisse, die dazu beitragen den zugrundeliegenden Mechanismus besser zu verstehen.
Von hohem Fieber bis Hautausschlag
Masernviren sind in der ganzen Welt verbreitet und gelten als hochansteckend. Die Übertragung erfolgt zumeist durch das Einatmen infektiöser Partikel, die beim Sprechen, Husten oder Niesen in die Luft gelangen. Auch bei Kontakt mit Sekreten aus Nase und Rache besteht ein erhöhtes Ansteckungsrisiko. Die Krankheit äußert sich zunächst durch Husten, Schnupfen und hohes Fieber. Bindehautentzündungen und Beschwerden im Nasen-Rachen-Raum zählen ebenso zu den typischen Symptomen. Nach einigen Tagen macht sich der charakteristische Hautausschlag bemerkbar, der zuerst hinter den Ohren und im Gesicht auftritt und sich dann über den gesamten Körper ausbreitet.
Verhängnisvolle Zellfusion
In seltenen Fällen kann eine Maserninfektion Jahre später zu schwerwiegenden Komplikationen führen: Eine besonders gefährliche Spätfolge stellt die sogenannte Subakute sklerosierende Panenzephalitis dar. Hierbei handelt es sich um eine neurodegenerative Erkrankung des Gehirns, die sich unter anderem durch den Abbau intellektueller Fähigkeiten, eingeschränkte Motorik und Verhaltensauffälligkeiten manifestiert. Die Beschwerden werden durch Masernviren hervorgerufen, die in die kognitiven Nervenzellen eindringen. Dort kommt es zu einer verhängnisvollen Interaktion: Die infizierten Zellen treten mit benachbarten Zellen in Kontakt und lassen diese miteinander verschmelzen, sodass der Zellkomplex kontinuierlich abstirbt. Da herkömmliche Masernviren nicht dazu in der Lage sind sich im Gehirn auszubreiten, galt es bislang als unklar, wie genau die Erreger die Gehirnerkrankung verursachen.
Mutationen als Schlüsselfaktor
Im Rahmen einer Studie nahmen Forscher der Universität Kyushu in Japan diesen Prozess näher unter die Lupe, um den Entstehungsmechanismus der Gehirnerkrankung weiter zu entschlüsseln. Die Experten gelangten zu der Erkenntnis, dass sich Masernviren, die nach einer akuten Ansteckung im Gehirn bleiben, kontinuierlich verändern. Somit weisen Betroffene in diesem Fall diverse Virusvarianten auf. Diese Mutationen beeinflussen wiederum jenen Eiweißstoff, der die Fusionstätigkeit im Gehirn reguliert – das sogenannte F-Protein. Je nachdem, welche Virusarten miteinander in Kontakt treten und wie diese miteinander interagieren, kommt es zu einer stärkeren oder schwächeren Verschmelzung.
Den Forschern zufolge könnte dieses Phänomen erklären, warum sich kognitive Zellen anstecken und in weiterer Folge absterben. Die Mediziner hoffen, dass die gewonnenen Erkenntnisse zu einem besseren Verständnis von Masernspätfolgen führen und zukünftig zu einer effektiveren medikamentösen Behandlung beitragen.
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