Nicht nur dem Körper, auch der Psyche hat die Corona-Pandemie stark zugesetzt. Anlässlich des Welttages der psychischen Gesundheit am 10. Oktober wollen Experten explizit darauf aufmerksam machen, wie wichtig es ist, sich um seine eigene mentale Verfassung zu kümmern und Hilfsangebote anzunehmen – denn die schlimmste Zeit der Pandemie steht uns wohl erst noch bevor.
Junge Menschen leiden besonders
Eine Umfrage des Kinderhilfswerks Unicef hat gezeigt, dass die Pandemie die Psyche von jungen Menschen erheblich beeinträchtigt hat. Die Schließung von Universitäten, Schulen, Sportstätten und die Streichung von Freizeitmöglichkeiten haben das Leben während der Pandemie nicht gerade leicht gemacht – die Psyche mancher Menschen hat stark darunter gelitten. Gerade in dieser Zeit müssen junge Erwachsene zu normalen Bedingungen aber sehr große Entwicklungsleistungen erbringen – auf körperlicher, psychischer und intellektueller Ebene sind sie mit großen Herausforderungen konfrontiert. Die Unterbrechung von Routinen, Bildung und Erholung sowie Sorgen um das Einkommen haben bei vielen Wut, Angst und Sorge um die Zukunft hinterlassen. Zwar fallen Unterstützungsstrukturen wie bei Kindern und Jugendlichen bei jungen Erwachsenen weg, dennoch befinden sie sich in einer Phase, die von der eigenen Identitätssuche und wichtigen Reifeprozessen geprägt ist. All diese Prozesse wurden aber aufgrund der Krise teils abrupt gestoppt. Durch diesen Wegfall sind aber enorme psychische Probleme und Erkrankungen aufgetreten – insgesamt wurde ein eklatanter Anstieg von depressiven Symptomen, Angstzuständen, Essstörungen, Aggressionen, Suizidalität und Schlafstörungen verzeichnet.
Die schlimmste Zeit steht noch bevor
Die Psychiatrien für Kinder und Jugendliche sind zum größten Teil bereits voll – die Zahl der psychisch erkrankten Personen steigt stetig, und das Tag für Tag. Unsicherheiten und Zukunftsängste haben gerade bei jüngeren Erwachsenen erheblich zugenommen. Experten warnen nun aber davor, dass der Höhepunkt von psychosozialen Belastungen erst nach dem Abklingen der ursächlichen Krise kommt, denn die Psyche reagiert immer erst zeitverzögert – wie die Psychotherapeutin Barbara Haid erläutert: „Die große Welle kommt erst, wenn die existenzielle Bedrohung vorüber ist. Dann löst sich die Schockstarre und die Angst hat sich chronifiziert: An die Stelle der Angst vor Corona tritt die Angst vor der Angst und schließlich vor dem Leben.“ Die schlimmste Zeit steht uns also wohl erst noch bevor.
Hilfe suchen und annehmen
Genau aus diesem Grund raten Experten nun dazu, das Angebot der Psychotherapie unbedingt wahrzunehmen – denn wer Hilfe sucht, kann und sollte diese auch bekommen. Insgesamt sind die Angebote in Deutschland gut ausgebaut, durch den stetigen wachsenden Bedarf haben sich die Wartezeiten auf einen Therapieplatz jedoch verlängert. Angebot und Nachfrage stimmen hier nicht mehr überein – viele Patienten müssen daher lange Zeit auf einen Termin warten. Kritisiert wird hier auch, dass sozial schwächere Familien, die teilweise dringend einen Therapieplatz bräuchten, gegenüber bildungsstarken Familien stark benachteiligt werden und somit auch die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht.
Einsicht ist der beste Weg zur Besserung
Junge Erwachsene benötigen unbedingt zusätzliche Hilfsangebote und damit die Möglichkeit, die schwierige Zeit der Pandemie aufzuarbeiten. Außerdem wird der Ruf immer lauter, endlich das Schweigen rund um die psychische Gesundheit zu brechen und Stigmatisierung zu unterbinden. Jetzt braucht es umso mehr Offenheit bezüglich der Bedeutung geistiger Gesundheit – dazu muss auch kommuniziert werden, dass es sich um kein Tabuthema handelt, sondern um ein Thema, das jeden Menschen betrifft. Wichtige Informationen zur Selbsthilfe und zu psychiatrischen Angeboten und Klinikanlaufstellen gibt es bei der Deutschen Depressionshilfe oder hier.
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