400.000 Menschen in Deutschland leiden an Parkinson, einer neurodegenerativen Krankheit, die die Lebensqualität stark beeinträchtigt. Eine Studie aus Finnland hat nun ergeben: Gewisse Bakterien im Darm könnten der Auslöser für die Krankheit sein – laut Experten sogar beim Großteil aller Patienten. Was bedeuten die Befunde für die Betroffenen?
Wenn Zellen im Gehirn sterben
Beim sogenannten idiopathischen Parkinson-Syndrom, der häufigsten Form der Krankheit, spielen bestimmte Nervenzellen im Mittelhirn eine große Rolle. Diese stellen den Botenstoff Dopamin her, der für die Steuerung der Motorik benötigt wird. Bei Parkinson-Patienten gehen die Nervenzellen zunehmend zugrunde, sodass weniger Dopamin produziert wird und der Haushalt der Botenstoffe im Gehirn durcheinandergerät. Dies führt zu den klassischen Parkinson-Symptomen, wie etwa starkem Zittern, steifen Muskeln und langsamen Bewegungen.
Bisher ungelöstes Rätsel: Wie entsteht Parkinson?
Warum die Dopamin-produzierenden Zellen absterben, ist noch nicht abschließend geklärt. Allerdings weiß man, dass sich in ihnen das Protein Alpha-Synuclein ansammelt – diese Ablagerungen könnten eine Ursache für den Zelltod sein. Schon seit längerem wird spekuliert, ob die verdächtigen Proteine womöglich vom Darm aus über den Vagus-Nerv ins Gehirn gelangen, da viele Parkinson-Patienten schon lange vor Ausbruch der Krankheit von Verdauungsproblemen berichten. Forscher der Universität in Helsinki konnten hierzu neue Erkenntnisse erbringen: Die Befunde ihrer jüngsten Studie weisen darauf hin, dass bestimmte Vertreter einer Bakteriengattung namens Desulfovibrio im Darm ein Grund für die Entstehung der Krankheit sind.
Gefährliche Proteine wandern vom Darm ins Gehirn
Bereits vor ein paar Jahren hatten die finnischen Forscher festgestellt, dass eine höhere Anzahl dieser Bakterien mit schwereren Parkinson-Symptomen zusammenhängt; eine Studie aus China kam zu ähnlichen Ergebnissen. In ihrer neuen Untersuchung nahmen die Wissenschaftler aus Helsinki die Mikroben nun genauer unter die Lupe. Dafür isolierten sie Desulfovibrio-Bakterien aus den Fäkalproben von zehn Patienten mit Parkinson und zehn gesunden Menschen. Anschließend wurden die Bakterien Würmern verabreicht, die als Modell-Organismen dienten. Das Ergebnis: Die Bakterien aus dem Darm von Parkinson-Patienten führten bei den Tieren zur Ansammlung des Alpha-Synuclein-Proteins – und zwar in einem größeren Ausmaß als es bei den Mikroben aus den Eingeweiden von gesunden Menschen der Fall war. Außerdem waren die Protein-Anhäufungen der Bakterien von Parkinson-Patienten größer.
Was nützen die Erkenntnisse?
Professor Per Saris, einer der beteiligten Forscher, ist bereits zuversichtlich, was die zukünftige Anwendung der Studienergebnisse betrifft: Er glaubt, dass Parkinson-Patienten bald dahingehend untersucht werden sollten, ob bei ihnen die schädlichen Desulfovibrio-Bakterien vorliegen. Anschließend könnte man diese aus dem Darm entfernen – das würde womöglich die Symptome lindern und das Fortschreiten der Krankheit bremsen. Denn seien die Bakterien erst aus dem Darm beseitigt, könnten sich dort auch keine Alpha-Synuclein-Proteine mehr ansammeln und das Gehirn befallen, so die Prognose des Experten.
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