Mehr als 400.000 Menschen in Deutschland leiden unter einer chronisch entzündlichen Darmkrankheit mit Symptomen wie Bauchkrämpfen und häufigem, blutigem Durchfall. Doch viele Betroffene wissen gar nicht, was hinter ihren Verdauungsproblemen wirklich steckt. Die Ursache der Darmkrankheiten: eine mysteriöse Aktivität des Immunsystems, das plötzlich beginnt, den eigenen Körper anzugreifen. Doch wie genau kommt es dazu und woran erkennt man, dass der Darm von chronischen Entzündungen betroffen ist?
Entzündungsherde im Darm
Die häufigsten chronisch entzündlichen Darmkrankheiten sind Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Bei diesen breiten sich schubartig Entzündungen im Verdauungstrakt aus. Die Krankheitsbilder haben viele Gemeinsamkeiten, unterscheiden sich aber in manchen Aspekten. Bei etwa jedem zehnten Patienten kann nicht festgestellt werden, ob es sich um Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn handelt: Dann wird eine Colitis indeterminata diagnostiziert. Eine Heilung ist für keine der Krankheiten möglich – durch Medikamente können die Entzündungen allerdings in Schach gehalten werden. Doch wie kommt es überhaupt dazu, dass sich der Darm entzündet?
Übeltäter ist das eigene Immunsystem
Obwohl die genauen Auslöser der Krankheiten noch nicht identifiziert wurden, ist bereits eines bekannt: Eine große Rolle spielt das Immunsystem, das beginnt, sich gegen Mikroorganismen zu richten, die im Darm beheimatet und Teil des dortigen Mikrobioms sind. Die Immunzellen sammeln sich dann an der Wand des Darms an und geben Botenstoffe von sich, die die Immunreaktion noch verstärken. Dadurch kommt es zu einer starken Entzündung, die zunächst häufigen Durchfall zur Folge hat. Bei Fortschreiten der Krankheit wird die Darmwand zunehmend beschädigt, was zu Blutungen, Geschwüren und Narben führt – in extremen Fällen sogar zur Ruptur, also einem Durchbruch der Darmwand.
Die Entzündungen treten schubweise auf, dazwischen schwächen die Symptome ab. Es kann auch sein, dass das Immunsystem zusätzlich andere Organe angreift, etwa die Haut, die Augen und Gelenke, wo dann ebenfalls Entzündungen entstehen. Es ist bislang nicht bekannt, warum genau das Immunsystem plötzlich überschießend auf den eigenen Körper reagiert. Vermutlich spielen verschiedene Faktoren zusammen, nämlich eine genetische Veranlagung und äußere Einflüsse wie die Ernährung.
Morbus Crohn: Entzündung vom Mund bis zum Darm
Bei Morbus Crohn kann der ganze Verdauungstrakt entzündet sein, also vom Mund bis zum Darm. Während eines Schubes treten die Entzündungen oft in unterschiedlichen, weit auseinander liegenden Abschnitten zugleich auf, wobei das Ende des Dünndarms am häufigsten betroffen ist. In alle Schichten der Darmwand können die Entzündungen dringen – somit befallen sie womöglich auch benachbarte Organe, wo sie zu Eiteransammlungen führen. Außerdem können Fisteln entstehen, also Verbindungen des entzündeten Darms zu anderen Organen, wie etwa der Harnblase. Diese Komplikationen sind eine große Herausforderung in der Therapie.
Folgende Symptome können bei Morbus Crohn auftreten:
- Häufiger Stuhlgang, Durchfall mit Blut und Schleim
- Bauchkrämpfe, vor allem nach den Mahlzeiten
- Fieber
- Übelkeit und Erbrechen, wenn der Magen betroffen ist
- Blutarmut, da der Darm Nährstoffe nicht mehr gut aufnehmen kann
- Gewichtsverlust
- Manchmal Entzündungen der Haut, Augen oder Gelenke
Mit verschiedenen Medikamenten wie Corticosteroiden und Immunmodulatoren können das Immunsystem unterdrückt und die Symptome gemildert werden. Chirurgische Eingriffe werden nötig, wenn es zu extremen Vernarbungen oder Eiteransammlungen und Fisteln gekommen ist.
Colitis ulcerosa: Im Extremfall muss der Dickdarm weg
Bei dieser Krankheit ist „nur“ der Dickdarm von den Entzündungen betroffen. Diese führen in der Schleimhautschicht zu blutigen Geschwüren. Weiterer Unterschied zu Morbus Crohn: Nicht verschiedene, weit auseinanderliegende Teile des Darms sind betroffen – stattdessen breitet sich die Entzündung kontinuierlich entlang des Dickdarms aus. Außerdem werden bei der Colitis ulcerosa nicht alle Schichten der Darmwand befallen, sondern ausschließlich die Schleimhaut.
Die Symptome sind ähnlich wie bei Morbus Crohn, daher kann man die Krankheiten allein anhand der Beschwerden meist nicht auseinanderhalten. Eiteransammlungen und Fisteln außerhalb des Darms treten aber bei der Colitis ulcerosa mit viel geringerer Wahrscheinlichkeit auf. Auch die Aufnahme von Nährstoffen ist nicht so stark gehemmt wie bei Morbus Crohn. Verschiedene Medikamente können auch bei Colitis ulcerosa helfen, die aggressive Reaktion des Immunsystems in Zaum zu halten. Bei größeren Schäden im Darm muss operiert werden – in manchen Fällen wird sogar der ganze Dickdarm entfernt.
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