Möglicherweise könnte der menschliche Zungenbelag schon bald die Diagnose einer Herzschwäche erleichtern. Eine neue Studie sieht in Zungenmikroben nämlich ein Fenster zur Herzgesundheit. Offenbar erlauben Mikroorgansimen auf der Zunge sowie die Farbe des Zungenbelages und der Zunge selbst Rückschlüsse über mögliche Herzerkrankungen.
Zungenbelag spricht Bände
Wie ein Forschungsteam der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie herausgefunden hat, unterscheidet sich der Zungenbelag von Menschen mit einer Herzschwäche nachweislich von dem gesunder Menschen. Diese Entdeckung könnte einen wichtigen Beitrag zur frühen und unkomplizierten Diagnose von Erkrankungen des Herzens leisten. Denn bereits mit dem bloßen Auge sei ein Unterschied erkennbar: „Die Zunge von Betroffenen mit chronischer Herzinsuffizienz sieht völlig anders aus als die von gesunden Menschen“, erklärt die Studienautorin Dr. Tianhui Yuan. Menschen ohne Herzinsuffizienz haben eine blassrote Zunge mir blassweißem Belag. Eine vorliegende Erkrankung hingegen gehe mit einer stärkeren rötlichen Zungenfärbung und gelblichem Belag einher. Der Grund für diesen Unterschied liege in der bakteriellen Zusammensetzung des Zungenbelags, auch Zungenmikrobiom genannt.
Studie mit 70 Probanden
Für die Studie untersuchten die Forschenden sowohl den Zungenbelag von 42 chronisch Herzkranken als auch die Zungenmikroben 28 gesunder Menschen. Die Proben hierfür entnahm man jeweils vor dem Frühstück und vor dem Zähneputzen. Und tatsächlich konnten deutliche Differenzen zwischen den Zungenbelägen beider Testgruppen beobachtet werden: Bei den Herzinsuffizienz-Patienten ließen sich fünf bestimmte Bakterienarten im Mikrobiom nachweisen. Bei den anderen Studienteilnehmern waren diese nicht vorhanden. Ein höheres Vorkommen dieser Bakterienarten bedeute den Forschenden zufolge auch eine stärker fortgeschrittene Herzschwäche. Besonders bei einer verstärkten Ausprägung der Gattungen Eubacterium und Solobacterium sei dies der Fall. „Unsere Studie hat ergeben, dass sich die Zusammensetzung, die Menge und die dominierenden Bakterien des Zungenbelags zwischen Herzinsuffizienz-Patienten und gesunden Menschen unterscheiden“, fasst die Studienleiterin zusammen. Folglich entstehen auch Differenzen in Bezug auf das Aussehen der Mikrobiome.
Bakterien sind Anzeichen für Entzündungen
Bestimmte Bakterien treten verstärkt auf, wenn ein mikrobielles Ungleichgewicht herrscht. Dies deutet dann auf eine Entzündungsreaktion oder Immunantwort des Körpers hin. Hierdurch begründen die Forscher die Verbindung zwischen Herzschwäche und Zungenbelag. In der Tat zeigten vergangene Studien bereits, dass Zungenmikroben auch bei einer Bauchspeicheldrüsenkrebserkrankung Veränderungen aufweisen.
Kann eine Herzschwäche künftig mithilfe des Zungenbelages diagnostiziert werden?
Da während der Studie die Wahrscheinlichkeit, eine Herzschwäche erfolgreich über das Zungenmikrobiom festzustellen, 84 Prozent betrug, könnte diese Methode in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Die Studienleiterin schlussfolgert: „Es sind weitere Forschungsarbeiten erforderlich, aber unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Zungenmikroben, die leicht zu analysieren sind, bei der breit angelegten Früherkennung, Diagnose und Langzeitüberwachung der Herzinsuffizienz helfen könnten.“
Hier klärt Dr. Weigl über die Ursachen eines schwachen Herzens auf:
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