Essstörungen, Bewegungsmangel und mehr Bildschirmzeit – die ungesunden Auswirkungen durch den pandemiebedingten Lockdown sind vielseitig. Doch was sind die Ursachen dafür und wie können wir diesem Negativ-Trend entgegenwirken?
Lockdown hat weitreichende Konsequenzen
Laut deutschlandweiten Studien haben 25 Prozent der Eltern und neun Prozent der unter 14-Jährigen im Laufe der Pandemie „Corona-Kilos“ zugelegt. Beängstigend seien dabei vor allem die Auswirkungen auf die junge Generation: im Vergleich zum Dezember 2020 treiben zehnmal mehr Kinder überhaupt keinen Sport mehr. Der Konsum ungesunder Snacks als Zwischenmahlzeit hat ebenso zugenommen. Vorrangig sind Kinder aus schwächeren sozialen Schichten von dieser Entwicklung betroffen. Um die Grundrechte für eine ideale Ernährung, Entwicklung und Gesundheit der Kinder zu sichern, müssten in diesem Bereich Kontrollen durchgeführt und gegebenenfalls Hilfestellungen angeboten werden. Ein weiteres weltweites Problem ist aktuell, dass die Kluft zwischen armen und reichen Bevölkerungsgruppen immer größer wird, nicht zuletzt aufgrund der Pandemie.
Im Gegensatz dazu gibt es aber auch Umfragen, die zeigen, dass viele Familien durch die Pandemie sogar gesünder leben. Es werde öfter auf Fleisch verzichtet, generell mehr frisch gekocht und oft gesündere Zutaten wie Obst und Gemüse verwendet. Besonders auf dem Land Lebende nutzen ihre Zeit nun vermehrt für eine Wanderung oder andere Aktivitäten an der frischen Luft.
Langfristige Folgen für Kinder und Jugendliche
Vor allem bei Kindern warnen Ernährungswissenschaftler vor langfristigen Folgen. „Etwa 80 Prozent der adipösen (fettleibigen) Jugendlichen bleiben im späteren Erwachsenenalter adipös“, so Astrid Donalies, Ökotrophologin und Sprecherin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Langfristige Folgeerkrankungen von Adipositas können unter anderem Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck (Hypertonie) oder Herz-Kreislauf-Probleme sein.
Warum leben wir jetzt ungesünder?
Ursachen für die Gewichtszunahme während der Pandemie sind in erster Linie Stress, erhöhter Medienkonsum, Bewegungsmangel und Langeweile. Viele Erwachsene, die aufgrund von Existenzängsten oder überforderndem Zeitmanagement zwischen Arbeit, Haushalt und Kinderbetreuung übermäßigem Stress ausgesetzt sind, neigen eher zu unkontrolliertem Essverhalten. Bei Kindern und Jugendlichen sind hingegen der Frust durch das Fehlen sozialer Kontakte, ein ungeregelter Alltag und vermehrte Zeit vor dem Bildschirm ausschlaggebend.
Die Pandemie bringt viel Verunsicherung mit sich – vor allem der jungen Generation fällt es schwer, damit umzugehen. Manche versuchen diese Unsicherheit mit krankhafter Gewichtskontrolle zu kompensieren, wodurch auch Essstörungen wie Magersucht entstehen können. Nicht zuletzt der durch die Medien vermittelte Körperkult spielt dabei gerade bei Mädchen eine maßgebliche Rolle. Patrick Nonell, Chefarzt auf der psychosomatischen Kinderstation Nürnberg, spricht von einer 50-prozentigen Steigerung von Essstörungen seit dem ersten Lockdown. Die Magersucht tauche dort am häufigsten auf.
Trotzdem fit bleiben – so geht’s
Es ist völlig in Ordnung, Essen nicht nur als Energielieferant, sondern ebenso als Genussmittel zu betrachten und sich ab und zu etwas zu gönnen. Solange man sich ausreichend bewegt und ausgewogen ernährt, ist es auch kein Problem, zwischendurch mal zu Snacks oder Softdrinks zu greifen. Wichtig ist dabei allerdings, sich was den Sport betrifft nicht zu viel vorzunehmen. Es ist wahrscheinlicher, dass man ein Training langfristig durchzieht, wenn man sich greifbare, realistische Ziele setzt. Täglich eine halbe Stunde zügig spazieren zu gehen entspricht schon ungefähr 10.000 Schritten. Dabei trainiert man das Herz-Kreislauf-System und die Rumpfmuskulatur, auch für den Gleichgewichtssinn ist die Aktivität vorteilhaft. Schon damit tut man seiner Gesundheit jeden Tag etwas Gutes und beugt beispielsweise Demenz, Osteoporose und Depressionen vor. Legt man noch ein paar Höhenmeter zurück, wird zusätzlich die Beinmuskulatur gestärkt. Besonders älteren Menschen hilft dies dabei, den Gleichgewichtssinn zu trainieren. Außerdem sind Spaziergänge an der frischen Luft gut, um den Kopf frei zu bekommen, wenn negative Gedanken plagen.
Hilfe bei Heißhunger
Statt zur Schokoladentafel oder zur Chipstüte zu greifen, kann man stattdessen auch gesündere Snacks wählen, die gegen Heißhungerattacken helfen. Beispielsweise wären Gemüsesticks, eine Obstplatte oder ein paar Nüsse alternative Optionen. Außerdem kann eine Essensplanung gut dabei helfen, unkontrolliertem Essverhalten und Lebensmittelverschwendung vorzubeugen. Routinen zu haben ist vor allem im derzeitigen Ausnahmezustand und besonders für Kinder sehr wichtig. Das Essen sollte möglichst nicht am Arbeits- oder Lernort verzehrt werden. Feste Uhrzeiten für das Essen festzusetzen und es somit auch als eine Art „Highlight“ des Tages zu gestalten, kann vor allem Kindern zu einer bewussteren Nahrungsaufnahme verhelfen.
Eine falsche Ernährungsweise kann nicht nur für den Einzelnen lebenslange Folgen haben. Schon vor Corona musste der deutsche Staat Bußen in Höhe von knapp 17 Milliarden Euro jährlich zahlen – nur aufgrund von Fehlernährung. Die meisten Ausgaben betreffen dabei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Zahnprobleme wie Karies, sowie Diabetes und Übergewicht und deren Folgeerkrankungen. Das Hauptproblem: Deutsche essen zu viel Zucker, Fett und Salz. Gesunde Ernährung war also schon vor der Pandemie Thema.
Wichtig ist gerade jetzt besonders auf die Gesundheit zu achten. Das heißt: Trotz Homeoffice, Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen an die frische Luft gehen, sich bewegen und die vielleicht zusätzliche Zeit gleich sinnvoll nutzen und an der eigenen Ernährung feilen. Vielleicht auch mal neue gesunde Ernährungsweisen in Form von Challenges auszuprobieren: Einfach für ein paar Tage auf Zucker, Fleisch, tierische Produkte oder Süßigkeiten verzichten – so eine Herausforderung kann sogar Spaß machen.
Stefanie Gruber
08.03.2021 12:58Ich finde es ein sehr erschreckendes Thema, welches aber leider Realität ist.
Sehr gut gefallen haben mir die Verbesserungsvorschläge!