Aufgrund ihrer Effektivität hat sich die Strahlenbehandlung schon lange in der Onkologie etabliert. Dennoch geht die sogenannte Radiotherapie nicht ohne Risiken einher: Je nach bestrahltem Körperbereich können Übelkeit, Haarverlust oder Hautirritationen auftreten. Ein neu entwickeltes Behandlungskonzept soll Krebspatienten nun allerdings eine nebenwirkungsarme Therapiealternative bieten.
Wie funktioniert die Strahlentherapie?
Bei dieser Behandlungsmethode werden sogenannte ionisierte Strahlen gezielt gegen bösartige Tumore eingesetzt. Durch die Bestrahlung wird die Erbsubstanz der Krebszellen stark beschädigt, sodass die Zellteilung nicht mehr stattfinden kann – die Tumore verlieren ihr zerstörerisches Potenzial. Im Verlauf der Therapie kommen oftmals jedoch auch gesunde Körperzellen zu Schaden. Im Gegensatz zu den Krebszellen verfügen diese allerdings über ausgefeilte Regenerationsmechanismen: Hält sich die Strahlenintensität im moderaten Maße, so sind die gesunden Zellen in der Lage leichte Schäden im Erbgut zu beheben.
Schonendes Therapiekonzept
In einer aktuellen Studie untersuchten Wissenschaftler der Cleveland Clinic in Kooperation mit der Gesundheitsorganisation OhioHealth erstmals die Verträglichkeit der sogenannten Temporal Feathered Radiation Therapy (TFRT) am Menschen. Hierbei handelt es sich um eine neuartige Verfahrensweise zur Optimierung der Strahlenbehandlung. Anders als beim ursprünglichen Konzept werden bei dieser Methode die nicht-linearen Faktoren der Geweberegeneration in Betracht gezogen, um die Toxizität besser regulieren zu können. Durch den innovativen Ansatz sollen Strahlenvergiftungen im Rahmen der Krebstherapie weitestgehend vermieden werden. Zudem wird die Erneuerung der normalen Zellen begünstigt. Strahlenbedingte Toxizität stellt eine gravierende Begleiterscheinung der Radiotherapie dar, die das Wohlbefinden Betroffener oftmals stark beeinträchtigt. Eine Vergiftung ist in den meisten Fällen auf eine unsachgemäße Dosierung zurückzuführen.
Sichere Durchführung unter Beweis gestellt
„Wir sind begeistert, dass die komplexe TFRT-Technik, die mit aktuellen Planungssystemen arbeitet, sicher und in einem standardmäßigen klinischen Arbeitsablauf durchgeführt werden konnte”, berichtet Studienautor Dr. Jacob G. Scott, ein Strahlentherapeut an der Cleveland Clinic. Als primärer Endpunkt galt die Umsetzbarkeit der TFRT, definiert durch den Anfang der Behandlung innerhalb von 15 Tagen nach der Therapieplanung. Schätzungen der Toxizität wurden als sekundäre Endpunkte erfasst. Den Forschern zufolge war der primäre Endpunkt erst dann erreicht, wenn die Versuchsteilnehmer erfolgreich durch die TFRT-Methode therapiert wurden, ohne dass Verzögerungen beim Therapiebeginn auftraten. Die Zeitspanne zwischen Therapieplanung bis zum Beginn der Bestrahlung betrug in etwa zehn Arbeitstage, was der üblichen Zeitvorgabe entspricht. Die Bestrahlungsplanung nahm im Schnitt sechs Tage in Anspruch. Zu den bestrahlten Organen zählten die Unterkieferdrüsen, die Ohrspeicheldrüsen, die hintere Rachenwand, der oberste Kehlkopfabschnitt sowie die Mundhöhle.
Vielversprechende Ergebnisse
Den Fachleuten zufolge konnten keine wesentlichen Abweichungen von der Standardplanung festgestellt werden und auch die strahlenbedingte Toxizität hielt sich in Grenzen. „Strahlenonkologen und Physiker haben erstaunliche Fortschritte bei der Gestaltung der Strahlendosis für Organe und Gewebe in der Nähe der Tumore eines Patienten gemacht, was zu wirksamen Behandlungen mit geringerer Toxizität geführt hat”, freut sich Studienautorin Dr. Shireen Parsai von OhioHealth.
Umfangreichere Studien in Aussicht
Ziel folgender Forschungen sei es nun die verringerte Toxizität eindeutig zu belegen, ohne einen negativen Einfluss auf die Heilungsraten zu bewirken: „Eine größere Studie mit Toxizität als primärem Endpunkt wird es uns ermöglichen, die Wirksamkeit des Ansatzes wirklich zu untersuchen. Die Zusammenarbeit wird wichtig sein, wenn wir daran arbeiten, die TFRT in die Planungssysteme zu integrieren, um die Automatisierung und eine breitere Anwendung in der klinischen Praxis zu ermöglichen“, ergänzt Dr. Scott.
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