Nach Einführung der Corona-Maßnahmen schien die Zahl der Krätzefälle in Deutschland kurz rückläufig zu sein. Nun stecken sich aber trotz Kontaktbeschränkungen wieder mehr Menschen mit dem Erreger an, berichtet die Deutsche Dermatologische Gesellschaft.
Enges Zusammenleben begünstigt Infektionen
Skabies, so der medizinische Name für Krätze, ist eine hochansteckende Hautkrankheit, die in allen Altersgruppen auftritt. Übertragen wird sie von Mensch zu Mensch über Hautkontakt, aber auch ein indirekter Infektionsweg ist möglich. Außerhalb eines Wirts überleben die Erreger allerdings nicht länger als 48 Stunden. Sie verbreitet sich daher, ähnlich wie Läuse, überall dort gut, wo Menschen eng zusammen kommen und ist kein Anzeichen mangelnder Hygiene. Übeltäter bei der Erkrankung ist die Krätze-Milbe, die sich in die oberste Hautschicht gräbt und dort Eier legt. Äußerlich entstehen dabei kleine längliche Knötchen oder Erhabenheiten. Typische Stellen sind die Zwischenräume der Fingern und Zehen, sowie Analfalte, Leiste, Knöchel, Brustwarzenvorhof und Penisschaft. Auf die Ansteckung reagiert das Immunsystem circa vier Wochen später mit juckendem Ausschlag oder Ekzemen.
Mehrere Tausend neue Krätzefälle pro Jahr
Da die Erkrankung nicht meldepflichtig ist, gibt es keine genauen Zahlen über die Häufigkeit. Das zuständige Gesundheitsamt ist nur dann zu informieren, wenn Skabies sich in Gemeinschaftseinrichtungen verbreitet, etwa in Altersheimen, Kindergärten oder Wohnheimen. Dabei sind Kinder am häufigsten betroffen und haben oft mehr Milben als Jugendliche oder Erwachsene. Doch trotz der Unsicherheit über die genaue Inzidenz gibt es einige Anhaltspunkte, die den Anstieg der Krätzeinfektionen deutlich machen. Krankenhäuser berichteten von mehr Skabiespatienten, die stationär aufgenommen werden mussten. Außerdem nahm die Zahl der verschriebenen und verkauften milbenabtötenden Medikamente zu. Auch die Zahlen einzelner Hautkliniken weisen auf einen Anstieg hin. Schätzungsweise handelt es sich in Deutschland um mehrere Tausend Neuerkrankte pro Jahr.
Verschiedene Aspekte für Anstieg verantwortlich
Als Grund für den Anstieg vermutet Prof. Dr. med. Sunderkötter, Direktor der Universitätsklinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie Halle, verschiedene, miteinander wechselwirkende Faktoren. Insgesamt gab es, bis Kontaktbeschränkungen erlassen wurden, eine Zunahme an Fällen sexuell übertragbarer Infektionen, zu denen auch Krätze gehört. Zudem könnte insgesamt einen Anstieg begünstigen, dass die Behandlung gegen die Milben oft nicht korrekt realisiert wird. Des Weiteren könnten, ähnlich wie bei Sars-CoV-2, Kontaktpersonen übersehen werden, wodurch sich die Infektion unbemerkt weiter verbreitet. Besonders Kinder werden als Infektionsquelle unterschätzt, da die Krankheit bei ihnen meist spät entdeckt und dann ungenügend behandelt wird. Hinzu kommt, dass sie zu anderen Kindern oder Bezugspersonen oft engen Körperkontakt haben, was eine Ausbreitung der Erkrankung fördert.
Anwendungsfehler häufigster Grund
Die Diagnose von Krätze ist leider selbst für erfahrene Dermatologen eine Herausforderung. Wird eine Infektion diagnostiziert gilt es, mithilfe von Medikamenten die Milben, ihre Larven und Eier abzutöten. Dafür werden meist Cremes zur äußerlichen Anwendung auf der Haut verschrieben, am häufigsten Permethrin. Dabei ist die korrekte Nutzung entscheidend: „Es gibt Belege, dass ein ausbleibender Therapieerfolg in Wahrheit Ergebnis einer fehlerhaften Anwendung ist“, erklärt Prof. Sunderkötter. Manchmal ist etwa die Einwirkzeit zu kurz, Hautbereiche werden ausgelassen oder die Fingernägel nicht geschnitten. Außerdem müssen alle Kontaktpersonen identifiziert und ebenfalls behandelt werden. Daher sei eine genaue Aufklärung durch den Dermatologen essentiell.
Resistente Milben auch möglich
Ein weiterer Grund für den Anstieg der Krätzefälle könnten Resistenzen sein. Dem Dermatologen Sunderkötter zufolge konnten die Vermutungen über Permethrin-resistente Milben bisher nicht bestätigt werden. „Es gibt aber zunehmend gut dokumentierte und auch publizierte Fälle zu unzureichender Wirksamkeit von Permethrin. Eine solche nachlassende Empfindlichkeit würde Anwendungsfehler schlechter verzeihen“, so der Experte. Zumal ein falscher Gebrauch der Arzneien klar nachgewiesen worden sei. Kollege Prof. Dr. med. Peter Elsner betont außerdem die Wichtigkeit schnellen Handelns: „Auch in Pandemiezeiten sollten die Menschen schnell zur Hautärztin oder zum Hautarzt gehen, wenn sie Anzeichen einer Krätze bemerken.“
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