Bereits seit Februar steigt der Anteil der bestätigten Covid-19-Fälle unter den Heranwachsenden bis 14 Jahren wieder an. Zuerst scheinen die Zahlen ein Hinweis auf ein drastisch erhöhtes Infektionsgeschehen bei Kindern zu sein. Laut dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) und der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) sei dies aber nicht der Fall. In einer aktuellen Mitteilung erklären die Gesellschaften, wie sich diese Situation erklären lässt und warum die Altersgruppe das Infektionsgeschehen nicht unbedingt überproportional beeinflusst.
Schulschließungen in Sicht?
Zwar wäre ein erhöhter Anstieg der Infektionszahlen unter Heranwachsenden ein sinnvolles Argument für Kita- und Schulschließungen. Dennoch empfehlen die Fachgesellschaften diese Maßnahme nicht. Kinder und Jugendliche hätten während der letzten Phase des sogenannten „Home-Schoolings“ bereits stark mental gelitten. Das „Social-Distancing“, der eingeschränkte Bildungszugang und die stark eingeschränkte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben hätten den Jugendlichen schwer zu schaffen gemacht. Infolgedessen traten vermehrt psychosomatische und psychische Beeinträchtigungen auf, so die Fachgesellschaften.
7-Tage-Inzidenz steigend
Es sei daher besonders wichtig, die Infektionszahlen genau im Auge zu behalten. Die wöchentlich aktualisierten Zahlen zu Covid-19-Fällen auf der Website des Robert-Koch-Instituts (RKI) in unterschiedlichen Altersgruppen zeigen zwischen Kalenderwoche sechs und zwölf einen klaren Anstieg der Inzidenz bei Kindern unter 14 Jahren. Verglichen mit den Zahlen der Gesamtbevölkerung sei hier ein wesentlicher Anstieg zu vermerken. Dies berichteten der BVKJ und die DGKJ in einer gemeinsamen Pressemitteilung.
Testzahlen wurden verdoppelt
Bei der Bewertung und Analyse der vorgelegten Daten müsse man allerdings auch die Anzahl der durchgeführten PCR-Tests und damit den Anteil der positiven Ergebnisse miteinbeziehen. Im betroffenen Zeitraum habe nämlich die Anzahl der getesteten Kinder im Vergleich zu den Erwachsenen deutlich zugenommen. „Die Anzahl mit PCR getesteter Personen liegt bei Erwachsenen seit Jahresbeginn unverändert bei gut 500/100.000; die Anzahl getesteter Kinder unter 14 Jahren hat sich seit der 6. Kalenderwoche von unter 250 auf über 500/100.000 mehr als verdoppelt“, erläutern die Gesellschaften in der Mitteilung. Zu beachten sei hierbei auch, dass die 7-Tages-Inzidenz als absolute Zahl wenig aussagekräftig bleibe. Der Fokus liege eher auf dem Anteil der positiven Testergebnisse von der Gesamtanzahl der durchgeführten Tests. Anhand dieser Positivitätsrate könne man feststellen, wie hoch der Anteil an infizierten Personen in einer Bevölkerungsgruppe sei und somit eine überproportionale Zunahme identifizieren.
Rate der positiven Tests bei Kindern sinkt
Den Angaben der Fachgesellschaften zufolge sind die Positivitätsraten bei Kindern bis vier Jahren sogar gesunken – von Kalenderwoche sechs mit 6,4 Prozent auf 6,15 Prozent in Kalenderwoche zwölf. Auch die Ergebnisse der 5- bis 14-Jährigen zeigen einen Rückgang von 9,6 Prozent auf 8,9 Prozent. Folgendermaßen betonen BVKJ und DGKJ: „Die Frage, ob Kinder zum jetzigen Zeitpunkt überproportional zum COVID-19-Infektionsgeschehen beitragen, kann daher mit einem klaren NEIN beantwortet werden“. Deswegen sollten Maßnahmen wie Kita- oder auch Schulschließungen mit Bedacht behandelt werden. Das Teilhaben am sozialen Leben und ein uneingeschränkter Bildungszugang sind wichtige Bestandteile des alltäglichen Lebens, vor allem für Kinder und Heranwachsende. Dies sollte nicht vergessen werden. Die Fachgesellschaften empfehlen dementsprechend eine sorgfältige Interpretation der Daten, um die Maßnahmen den Umständen anzupassen.
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