Darmkrebs ist eine der häufigsten Krebsarten in Deutschland. Wie bei vielen Erkrankungen gilt auch hier: Je früher sie entdeckt wird, desto besser stehen die Chancen auf Genesung. Bisher musste für die Diagnostik eine Schleimhautbiopsie entnommen werden; in Zukunft könnte jedoch bereits eine einfache Stuhlprobe reichen: Forschende der Washington School of Medicine fanden einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von bösartigen Darmpolypen und dem Mikrobiom, den im Darm lebenden Bakterien. Die Ergebnisse veröffentlichten sie kürzlich im Fachblatt „Cell Host & Microbe“.
Steigende Darmkrebsraten
„Die steigende Inzidenz von Darmkrebs ist ein großes Gesundheitsproblem, aber über die Zusammensetzung und Rolle der Mikrobiota im Zusammenhang mit präkanzerösen Polypen ist wenig bekannt“, schreiben die Autoren der Studie. Um diese Verbindung zu untersuchen, verfolgten die US-amerikanischen Forschenden 40 Patienten, die sich routinemäßig regelmäßigen Darmspiegelungen unterzogen. Dabei nahmen sie Biopsien rund um die Polypen und verglichen die dort vorhandenen Bakterien mit denen von Personen ohne Polypen.
Klare Unterschiede im Mikrobiom
Bei den Untersuchungen fand das Forschungsteam um William DePaolo heraus, dass sich die Patienten mit Polypen in ihren mikrobiellen Signaturen deutlich von denen ohne Polypen unterschieden. Besonders auffällig war der Unterschied bei einem bestimmten Bakterium: Das nicht-enterotoxigene Bacteroides fragilis kam in den Biopsien der Patienten mit Polypen besonders häufig vor. Zudem korrelierte die Menge dieses Bakteriums mit Entzündungen kleiner Polypen. Bei genaueren Untersuchungen stellte das Forschungsteam außerdem fest, dass sich die Bakterien zwischen den beiden Studiengruppen in ihrer Fähigkeit unterschieden, Entzündungen auslösen zu können.
Bakterien fördern Entzündungen
„Die ganze Idee ist, dass die meisten Menschen fortgeschrittenen Darmkrebs betrachten und an das Mikrobiom denken, aber es ist schwer zu bestimmen, ob sich das Mikrobiom verändert hat und wann es sich verändert hat“, erklärt DePaolo. „Also haben wir uns die Krankheit früher angesehen und gefragt, wann das Mikrobiom möglicherweise einen Polypen in Richtung Krebs treibt.“ Oft denken Menschen beim Mikrobiom und seinem Einfluss auf Krankheiten an Veränderungen der Zusammensetzung, fügt der Experte hinzu. „Unsere Daten legen nahe, dass sich ein normalerweise gesunder Darm und zugehörige Bakterien so anpassen können, dass sie zur Entzündung beitragen, anstatt sie zu unterdrücken, um in einer Umgebung zu überleben, in der metabolische und entzündliche Veränderungen auftreten“, so DePaolo.
Risikoeinstufung durch Stuhlproben
Als nächstes muss die Studie auf 200 Teilnehmende ausgeweitet werden, um zu prüfen, ob Stuhlproben die Schleimhautbiopsien tatsächlich ersetzen können. Für die Zukunft geht DePaolo aber davon aus, dass Screenings auf Darmkrebs gezielt nach Schlüsselbakterien wie etwa B. fragilis suchen können, noch bevor die Polypen bösartig werden oder überhaupt auftreten. Darmkrebs ist in den USA die dritthäufigste Todesursache, mit steigender Inzidenz unter jungen Erwachsenen. Wenn es ein Screening gäbe, das diese Warnbakterien erkennt, könnte dies maßgeblich sein, um die Zahlen zu senken, resümiert DePaolo.
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