Bei nachlassender Leistungsfähigkeit, chronischer Müdigkeit und Schwellungen an den Knöcheln ist Vorsicht geboten – obwohl diese Beschwerden oftmals als Alterserscheinung abgetan werden, handelt es sich hierbei um die ersten Symptome einer Herzschwäche. Mehr als 40.000 Betroffene in Deutschland sterben jährlich an dieser Krankheit, jedoch sind die genauen Ursachen noch nicht vollständig erforscht. Eine aktuelle Studie liefert nun bedeutende Erkenntnisse.
Insulinähnlicher Wachstumsfaktor beeinflusst Herzgesundheit
Im Rahmen eines Forschungsprojektes entschlüsselten Mediziner der Med Uni Graz in Kooperation mit einem internationalen Team einen entscheidenden Mechanismus, der die Herzleistung im Alter zunehmend einschränkt. Das Augenmerk der Forscher lag auf dem sogenannten „Insulinähnlichen-Wachstumsfaktor-1(IGF-1)-Signalweg“. Klinischen Experimenten zufolge tragen diese organischen Verbindungen maßgeblich zur Regulation des Wachstums und des Stoffwechsels bei. Darüber hinaus beeinflusst IGF-1 die Kraft, mit der sich das Herz zusammenzieht und Blut mobilisiert. Da bei Herzversagen oftmals eine erhöhte Aktivität des IGF-1-Rezeptors festgestellt wurde, beschloss das Forschungsteam, diesen Sachverhalt genauer unter die Lupe zu nehmen. „Bisherige experimentelle Studien an Mäusen haben gezeigt, dass eine erhöhte IGF-1-Rezeptoraktivierung im Herz sowohl negative als auch positive Wirkung auf die Herzfunktion ausüben kann. Trotz großer Relevanz des kardialen IGF-1-Signalwegs auf die Herzfunktion blieben diese kontroversen Ergebnisse lange ungeklärt“, erläutert Simon Sedej, Forschungsleiter der Studie.
Ambivalente Erkenntnisse
Um die Auswirkungen von unterschiedlich ausgeprägter IGF-1-Rezeportaktivierung im Verlauf eines Lebens zu untersuchen, verwendeten die Forscher zwei Mausmodelle mit erhöhter bzw. verringerter kardialer IGF-1-Signalaktivität. Die Wissenschaftler kamen zu überraschenden Erkenntnissen: Junge Mäuse mit gesteigerter IGF-1-Signalaktivität wiesen eine gesunde Herzfunktion auf, welche sich im Laufe ihres Lebens jedoch rasch verschlechterte. Folglich wurde dieser Versuchsgruppe ein erhöhtes Risiko für vorzeitige Herzinsuffizienz attestiert, welches mit einer geringeren Lebenserwartung einhergeht. Die Vergleichsgruppe mit reduzierter IGF-1-Signalaktivität zeichnete sich vorerst durch eine schwache Herzleistung aus, welche sich im Alter allerdings zunehmend verbesserte und somit eine höhere Lebenserwartung begünstigte.
Bedeutende Forschungsgrundlage geschaffen
Die Forscher ziehen aus den vorliegenden Resultaten den Schluss, dass sich eine hohe kardiale IGF-1-Signalaktivität in der Jugend positiv auf die Herzgesundheit auswirkt. Bei älteren Personen sei jedoch eher eine verringerte IGF-1-Signalaktivität mit gesundheitlichen Vorteilen und einer höheren Lebenserwartung verknüpft. Das Forschungsteam zeigt sich mit den gewonnenen Erkenntnissen zufrieden: „Unsere Studie bringt wichtige Erkenntnisse über die entscheidende Rolle der Feinregulation des kardialen IGF-1-Signalwegs: einerseits für seine Vorteile während der frühen Lebensphasen und andererseits, um schädliche Auswirkungen auf den alternden Herzmuskel zu vermeiden“, konkludiert Simon Sedej.
Die Resultate würden nicht nur neue Perspektiven für die Behandlung altersbedingter Herzinsuffizienz eröffnen, sondern darüber hinaus eine zentrale Grundlage für zukünftige Forschungen bilden. Im Zuge weiterer Experimente soll erörtert werden, inwieweit medikamentöse Hemmstoffe des IGF-1-Signalwegs, welche bereits in der Krebstherapie zum Einsatz kommen, altersbedingter Herzschwäche vorbeugen können.
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