Fast jeder Mensch infiziert sich im Verlauf seines Lebens mit diesem Erreger: Die Rede ist vom sogenannten Epstein-Barr-Virus (EBV). Die meisten kommen bereits im Kindesalter mit dem Pathogen in Kontakt – einem Lebensabschnitt, in dem die Infektion zumeist harmlos verläuft. Wer sich allerdings während der Pubertät oder als junger Erwachsener mit dem Virus infiziert, läuft Gefahr, das sogenannte Pfeiffersche Drüsenfieber und daraus resultierende Krankheiten wie Multiple Sklerose oder Krebs zu entwickeln. Ein neuer Impfstoff könnte nun das Risiko für diese Folgeerkrankungen maßgeblich reduzieren.
Innovativer Impfstoff entwickelt
Im Rahmen eines Forschungsprojektes gelang australischen Medizinern des Medical Research Institute in Brisbane ein bedeutender Durchbruch: Die Experten entwickelten einen innovativen Impfstoff, der sich bei ersten Experimenten an Mäusen bereits als erfolgreich erwies. Während sich bisherige medizinische Versuche zumeist auf die Entwicklung geeigneter Antikörper fokussierten, aktiviert das neue Vakzin einen weiteren relevanten Bestandteil des Immunsystems – die sogenannten T-Zellen. Diese sind dazu in der Lage, infizierte Zellen im Organismus zu identifizieren und anschließend gezielt zu eliminieren, wodurch die Verbreitung des Virus eingeschränkt wird.
Vielfältige Wirkstoffkombination
Um die gewünschte Wirkung zu erzielen, kreierten die Forscher einen Impfstoff aus mehreren komplexen Substanzen. So beinhaltet das Vakzin ein zentrales Oberflächenprotein des EBV, das unter dem Namen gp350 bekannt ist. Darüber hinaus sind 20 verschiedene Virusabschnitte enthalten, die von T-Zellen des Immunsystems identifiziert werden können. All diese Proteinfragmente wurden anschließend mit einem speziellen Verstärker namens AMP-CpG kombiniert. Dadurch kann das Vakzin seine Wirkung innerhalb kürzester Zeit in den Lymphknoten entfalten – einer Körperregion, die eine wichtige Rolle bei der Abwehr von Infektionen und anderen Krankheitserregern spielt.
Vielversprechende Ergebnisse im Mausmodell
Im Anschluss testeten die Fachleute den Impfstoff bei Mäusen, deren Abwehrmechanismen genetisch an das menschliche Immunsystem angepasst wurden. Hierbei stellte sich heraus, dass das Vakzin sowohl die Produktion von Antikörpern anregt als auch die T-Zellen aktiviert. Diese Wirkung hielt bei den Versuchstieren über mindestens sieben Monate nach der Injektion des Impfstoffes an. Die Experten vermuten, dass diese Kombination einen effektiven Schutz gegen Primärinfektionen ermöglichen könnte. Da der Wirkstoff darüber hinaus infizierte B-Zellen reguliert, gehen die Mediziner davon aus, dass das Vakzin auch vor gefährlichen Folgeerkrankungen schützt.
Konkrete Wirkung unzureichend erforscht
Obwohl das Team einen bedeutenden Beitrag zur Impfstoffforschung leistete, äußern medizinische Experten Kritik an der Umsetzung des Projektes: „Eine große Limitation der Studie ist, dass die Forschenden keine Challenge-Versuche durchgeführt haben – also keine Ergebnisse dazu präsentieren können, ob die Impfung die Mäuse tatsächlich vor einer Infektion schützt, wenn sie dem Virus ausgesetzt sind“, bemängelt Henri-Jacques Delecluse vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Darüber hinaus bleibe weiterhin unklar, ob das Vakzin eine effektivere Immunreaktion hervorruft als natürliche Ansteckungen. Dies sei notwendig, um den Krankheitserreger vollständig im Organismus zu bekämpfen.
Impfstoff schränkt Tumorwachstum ein
In Reaktion auf die Kritik betont das Team, dass der Fokus ihrer Forschung auf der Vermeidung von Folgeerkrankungen lag. Hierbei zeigten erste Experimente bereits vielversprechende Ergebnisse. Die Forscher implantierten spezielle Tumorzellen, die in Folge einer EB-Infektion entstehen können, in den Körper der Versuchstiere. Im Anschluss therapierten die Experten die Mäuse mit dem Blutserum geimpfter Tiere, das sowohl T-Zellen als auch Antikörper gegen den Erreger enthielt. Schon bald waren erste Erfolge zu erkennen: Im Vergleich zur Kontrollgruppe breitete sich der Tumor bei den behandelten Mäusen erheblich langsamer aus. Die Mediziner ziehen daraus den Schluss, dass der Impfstoff mit hoher Wahrscheinlichkeit das Krebsrisiko durch EBV reduziert. Im Rahmen künftiger Studien möchten die Fachleute ergründen, inwieweit die gewonnenen Erkenntnisse auf den Menschen übertragen werden können.
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