Dampfen statt Rauchen? Für viele gilt die E-Zigarette als die weniger schädliche Variante der herkömmlichen Tabakzigarette, mit der bereits so manche Nikotinsucht erfolgreich bekämpft werden konnte. Immer mehr Studien legen jedoch dar, dass auch E-Zigaretten und Tabakerhitzer negative Auswirkungen auf die Gesundheit des menschlichen Organismus, insbesondere auf dessen Mundflora, haben. Wie steht es um den nach Kirschen, Himbeeren oder Waffeln duftenden Dampfapparat und kann er sich tatsächlich als gesündeste Option in Sachen Qualmen qualifizieren?
Das Phänomen E-Zigarette
Obgleich die oftmals fatalen bzw. lebensbedrohlichen Folgen des Tabakkonsums in den letzten Jahrzehnten eingehend erforscht wurden, gibt es immer noch eine erschreckend hohe Anzahl an Menschen, die tagtäglich zur Zigarette greifen. In Deutschland sterben nach wie vor schätzungsweise 300 Personen pro Tag an den Spätfolgen des Tabakkonsums. Es wundert daher nicht, dass Alternativen präsentiert und Abhilfe in Form von E-Zigaretten oder Tabakerhitzer geschaffen werden müssen. Statt Tabak zu verbrennen, verdampfen E-Zigaretten ein Gemisch aus Wasser mit Propylenglykol und Glycerin, dem in der Regel Nikotin und verschiedene Geschmackstoffe zugesetzt sind.
Ihre angeblich geringe Gesundheitsgefahr resultiere darin, so der Gefäßmediziner Prof. Martin Storck, dass die Tabakverbrennung das größte Gefahrenpotential im Rahmen des Rauchens innehaben würde, und nicht, wie so oft vermutet, das Nikotin. Dieses würde zwar ein Suchtpotential bergen, jedoch nicht zu Erkrankungen wie z.B. Krebs oder Arteriosklerose führen, die in Verbindung mit dem Konsum von Tabak stehen. „In Übersichtsarbeiten der Organisation Cochrane, die sich für evidenzbasierte Gesundheitsversorgung einsetzt und verfügbare Literatur entsprechend bewertet, und in vielen wissenschaftlichen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass im Dampf von E-Zigaretten und Tabakerhitzern relevant weniger Schadstoffe enthalten sind als in Zigarettenrauch. Die Größenordnung liegt bei 90 bis 95 Prozent weniger“, erklärt Storck in einem Interview.
Neue Studien behaupten Gegenteiliges
Eine neue Untersuchung des New York University College of Dentistry deutet nun jedoch darauf hin, dass die Mundflora von E-Zigaretten-KonsumentInnen eine Veränderung zugunsten schädlicher Mikroorganismen aufweist. Die Bakteriengemeinschaften im Mund der „DampferInnen“ ähneln denen von RaucherInnen, weisen allerdings auch spezifische Merkmale auf und werden mit einem erhöhten Risiko für Zahnfleischerkrankungen wie Parodontitis in Verbindung gebracht. Das Team um Studienleiter Scott Thomas entnahm dafür Plaqueproben von 28 DampferInnen, 27 RaucherInnen sowie 29 NichtraucherInnen und untersuchte die darin enthaltenen mikrobiellen Gemeinschaften. Alle ProbandInnen der Studie wiesen bereits Anzeichen von Parodontitis, eine durch Bakterien verursachte chronische Entzündung des Zahnfleisches, auf. Nach sechs Monaten erfolgte eine erneute Analyse des Zustandes von Zähnen und Zahnfleisch der StudienteilnehmerInnen, um den Verlauf der Erkrankung bei den unterschiedlichen Gruppen erfassen zu können.
Die Untersuchungen der Mikroorganismen in den Plaqueablagerungen zeigten: Bestimmte Bakteriengruppen konnten bei allen Versuchspersonen vorgefunden werden, andere hingegen jeweils nur bei RaucherInnen, E-Zigaretten-KonsumentInnen oder NichtraucherInnen. „Unsere Daten deuten darauf hin, dass der Konsum von E-Zigaretten ein stabiles parodontales Mikrobiom fördert, das zwischen dem von konventionellen Zigarettenrauchern und Nichtrauchern liegt und einzigartige Merkmale aufweist, die die Mundgesundheit des Wirts auf andere Weise beeinflussen können als der konventionelle Zigarettenkonsum“, so die amerikanischen ForscherInnen. Bakteriengattungen wie Selenomonas, Leptotrichia und Saccharibacteria konnten sowohl bei RaucherInnen als auch bei DampferInnen deutlich häufiger nachgewiesen werden als bei NichtraucherInnen. Weiters waren diverse andere Bakterien, wie z.B. Fusobacterium und Bacteroidales, die erfahrungsgemäß mit Zahnfleischerkrankungen in Verbindung gebracht werden, in den Mündern von E-Zigaretten-KonsumentInnen auffallend dominant.
Weitere Studien erforderlich
Ein direkter Vergleich der Studienergebnisse kann jedoch aufgrund der Tatsache, dass der Schweregrad der Parodontitis zu Beginn der Studie nicht gleichmäßig über die Gruppen verteilt war und sich die Gruppen in Hinblick auf demografische Merkmale wie Alter, Geschlecht, Ethnie, etc. unterschieden, nicht erfolgen. Der Konsum von Tabak oder E-Zigaretten kann lediglich als einer von vielen möglichen Einflussfaktoren in Erwägung gezogen werden. Insgesamt bedarf es weiterer Studien mit größeren sowie besser vergleichbaren Gruppen, um die Auswirkungen des Konsums von E-Zigaretten auf die menschliche Gesundheit detaillierter herausarbeiten zu können. „Der Gebrauch von E-Zigaretten ist eine relativ neue menschliche Gewohnheit“, so Thomas. „Im Gegensatz zum Rauchen, das seit Jahrzehnten umfassend untersucht wird, wissen wir nur wenig über die gesundheitlichen Folgen des E-Zigarettenkonsums und beginnen gerade erst zu verstehen, wie sich das einzigartige Mikrobiom, das durch das Dampfen gefördert wird, auf die Mundgesundheit und Krankheiten auswirkt.“
Ob E-Zigaretten nun den optimalen Plan B zum Rauchen darstellen, sei dahingestellt – einheitlicher Konsens besteht indes gegenüber einer Sache: der sofortige Rauchstopp als gesundheitsförderlichste Alternative von allen.
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