Die Entdeckung von Antibiotika gilt als Meilenstein der medizinischen Forschung – endlich war es möglich, bakterielle Infektionen effektiv zu bekämpfen. Doch die hohe Wirksamkeit hat ihren Preis: Aktuellen Forschungen zufolge steht die Einnahme antibiotischer Substanzen nachweislich mit einem erhöhten Darmkrebsrisiko in Verbindung.
Potenziell erhöhtes Krebsrisiko untersucht
Aus früheren Studien ging bereits hervor, dass Antibiotika die natürliche Darmflora beeinträchtigen können. Deshalb fasste ein schwedisches Forschungsteam der Umeå University den Entschluss, einen potenziellen Zusammenhang zwischen dem Antibiotikakonsum und einem erhöhten Darmkrebsrisiko zu ergründen. Im Rahmen der aktuellen Studie analysierten die Experten Daten von 40.000 Erkrankten aus dem schwedischen Darmkrebsregister. Anschließend wurden sämtliche Informationen mit den Angaben einer Kontrollgruppe abgeglichen, welche sich aus 200.000 krebsfreien Personen zusammensetzte. Daten hinsichtlich der Anwendung von Antibiotika wurden dem schwedischen Arzneimittelregister entnommen.
Antibiotika sparsam einsetzen
„Die Ergebnisse unterstreichen die Tatsache, dass es viele Gründe gibt, mit Antibiotika restriktiv umzugehen. Während eine Antibiotikatherapie in vielen Fällen notwendig ist und Leben rettet, ist bei weniger schwerwiegenden Erkrankungen, bei denen ohnehin eine Heilung zu erwarten ist, Vorsicht geboten“, erklärt Studienautorin Sophia Harlid von der Umeå University. Das primäre Ziel der eingeschränkten medikamentösen Anwendung liege darin bakteriellen Resistenzen gegen Antibiotika schon im Vorhinein entgegenzuwirken. Angesichts der neu gewonnenen Erkenntnisse könnte durch einen sparsamen Einsatz darüber hinaus die Darmkrebsinzidenz verringert werden.
Hohe Dosierung steigert das Krebsrisiko
Nach genauer Evaluierung der vorliegenden Daten kamen die Experten zu der Erkenntnis, dass Menschen, die über einen halbjährigen Zeitraum regelmäßig mit Antibiotika therapiert wurden, ein um 17 Prozent gesteigertes Risiko für eine Krebserkrankung im aufsteigenden Dickdarm aufwiesen. Als Vergleichswert dienten die Personen der Kontrollgruppe, welche während dieser Zeitspanne keiner antibiotischen Behandlung unterzogen wurden. Die Forscher heben allerdings hervor, dass kein erhöhtes Krebsrisiko im absteigenden Dickdarm festgestellt werden konnte. Während die Antibiotikatherapie bei Männern das Risiko für Mastdarmkrebs in keiner Weise beeinflusste, nahm bei Frauen die Inzidenz bei dieser Krebsvariante sogar leicht ab.
Ein erhöhtes Risiko für Dickdarmkrebs war schon fünf bis zehn Jahre nach dem Konsum von Antibiotika ersichtlich. Eine hohe Einnahme antibiotischer Therapeutika korrelierte hierbei positiv mit einem gesteigerten Erkrankungsrisiko. Ungeachtet dessen führte bereits der einmalige Konsum von Antibiotika zu einem Anstieg des Krebsrisikos. Obwohl diese Steigerung nur gering ausfiel, ist sie den Medizinern zufolge statistisch dennoch signifikant.
Hintergründe näher erforscht
Um mehr über die Hintergründe dieses Phänomens herauszufinden, untersuchten die Forscher zudem ein nicht-antibiotisches Arzneimittel, welches trotzdem dazu in der Lage ist Bakterien zu eliminieren. Das Medikament kommt hauptsächlich bei der Behandlung von Harnwegsinfektionen zum Einsatz und fügt Mikroorganismen im Darm keinen Schaden zu. Die Fachleute stellten fest, dass die Häufigkeit von Dickdarmkrebs durch dieses Präparat nicht verändert wurde. Obwohl in der Studie lediglich oral verabreichte Antibiotika berücksichtigt wurden, betonen die Forscher, dass sich auch intravenöse Varianten auf das Darmsystem auswirken.
Moderate Dosierung weiterhin zielführend
„Es besteht absolut kein Grund zur Sorge, nur weil man Antibiotika eingenommen hat. Der Anstieg des Risikos ist moderat, und die Auswirkungen auf das absolute Risiko für den Einzelnen sind ziemlich gering“, beruhigt Harlid.
Die Expertin appelliert dennoch an die Bevölkerung rechtzeitig Vorsorgeuntersuchungen durchführen zu lassen und sich an Screening-Programmen zu beteiligen. Auf diese Art und Weise kann das Erkrankungsrisiko akkurat eingeschätzt werden. Sollte der Krebs bereits ausgebrochen sein, können Mediziner zeitgerecht angemessene Maßnahmen ergreifen, um den Krankheitsfortschritt zu hemmen.
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