Wer kennt es nicht: Man liegt abends im Bett, schließt die Augen, ist müde – und kann trotzdem einfach nicht einschlafen. Tausende Gedanken gehen einem durch den Kopf. Plötzlich fällt einem alles ein, was man vergessen hat, oder schon lange aufschiebt. Als Konsequenz bleibt der Schlaf aus, Stunde um Stunde. Manch einer wacht nachts auf und kann dann einfach nicht mehr weiterschlafen. Schlimm wird es dann, wenn auf eine schlaflose Nacht die nächste folgt – und es so immer weiter geht. In ihrer Verzweiflung greifen viele Betroffene zu Schlaftabletten oder vermeintlich harmlosen rezeptfreien Schlafmitteln. Doch sind diese auch wirklich so harmlos?
Wer ist betroffen und warum?
Schlafstörungen über einen längeren Zeitraum können sehr belastend sein und sich sogar negativ auf die Gesundheit auswirken. Laut dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) leiden bis zu 20 von 100 Menschen an Ein- beziehungsweise Durchschlafproblemen. Davon am häufigsten betroffen sind Frauen und ältere Menschen, wobei Schlafstörungen bei jedem Geschlecht und allen Altersgruppen auftreten können. Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von Sorgen, Ängsten und Stress über Alkohol- und Drogenkonsum bis hin zu körperlichen Ursachen wie Schmerzen, vermehrter Harndrang, Hitzewallungen oder Atemnot oder Zähneknirschen. Auch störender Lärm oder Arbeitsmodelle wie Schichtarbeit, die den natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus des Körpers durcheinanderbringen, können sich negativ auf die Schlafqualität auswirken. Auch gewisse Medikamente können den Schlaf beeinträchtigen.
So wirkt sich die Pandemie auf unseren Schlaf aus
Viele Menschen klagen nach einem Jahr im pandemiebedingten Ausnahmezustand über zunehmende Schlafprobleme. Kein Wunder, denn viele verbringen den Großteil ihrer Zeit nun zu Hause; der Weg zur Arbeit und viele Freizeitaktivitäten fallen einfach weg. Daher ist wichtig darauf zu achten, dass die Bewegung an der frischen Luft nicht zu kurz kommt. Denn: Wer tagsüber kaum aktiv ist, macht es dem Körper schwer, abends im Bett zur Ruhe zu kommen. Vielen hilft bereits ein Spaziergang oder ein kleines Workout, am besten zwischen Arbeitsende und Feierabend, um eine Abgrenzung zu schaffen, die im Homeoffice oft wegfällt.
Tipps für eine besserer Nachtruhe
Alkohol und Drogen sollten bekanntlich generell gemieden werden. Das gilt auch hinsichtlich unserer Nachtruhe: Auch wenn etwas Alkohol beim Einschlafen helfen kann, so wird die Durchschlafqualität davon negativ beeinflusst und der Schlaf ist weniger erholsam. Bei anderen Ursachen ist die Bekämpfung schwieriger. Neben Spaziergängen und Workouts können auch Meditation und andere meditative Übungen wie Yoga oder Tai Chi sowie Trainings zur Muskelentspannung Erfolge erzielen. Eine feste Schlafroutine und -hygiene ist besonders wichtig, daher sollte man ein paar Stunden vor dem Einschlafen keine schwere Kost mehr zu sich nehmen. Auf Alkohol und Kaffee sollte ebenso verzichtet werden wie auf die Nutzung jeglicher Bildschirme. Statt zu pharmazeutischen Schlafmitteln wie Benzodiazepinen – die starke Nebenwirkungen haben und leicht abhängig machen – zu greifen, sollte man im Notfall lieber auf natürliche Mittel wie Baldrian oder Passionsblumenkraut setzen. Aus therapeutischer Sicht gibt es auch noch kognitive Verhaltenstherapien und Entspannungstechniken, die die Schlafqualität langfristig verbessern können.
Rezeptfrei und trotzdem bedenklich?
Sie gehören zu den am häufigsten verkauften Arzneimitteln: Rezeptfreie Schlafmittel – und doch sind sie nicht ungefährlich. Da sich nach der Einnahme die Herzfrequenz erhöht, können Herzprobleme drohen. Auch die sedierende Wirkung darf – vor allem bei älteren Patienten – nicht unterschätzt werden. Viele Personen leiden noch viele Stunden nach der Einnahme unter Koordinationsschwierigkeiten. Dadurch steigt das Sturz- und Unfallrisiko.
Die Wirkung derartiger Medikamente zielt auf das periphere Nervensystem und das Gehirn ab. Die beiden Histaminblocker Diphenhydramin und Doxylaminsuccinat sind dabei verbreitete Wirkstoffe, welche vor nicht allzu langer Zeit noch bei Allergikern eingesetzt wurden. Da sie aber auch noch müde machen, sind sie heute oft als nicht verschreibungspflichtige Schlafmittel gebräuchlich. Die Nebenwirkungen dieser Wirkstoffe betreffen allerdings die Reaktionsfähigkeit. Auch Schwindel, Kopfschmerzen, Verdauungsprobleme, Sehstörungen und weitere Beschwerden können auftreten.
„Rezeptfrei heißt nicht harmlos. Synthetische Schlafmittel sollten ohne Unterbrechung nicht länger als zwei Wochen eingenommen werden. Wer älter als 65 Jahre ist und synthetische Schlafmittel aus der Gruppe der Antihistaminika einnimmt, riskiert schwerwiegende Nebenwirkungen.“, meint Thomas Benkert, Präsident der Bundesapothekerkammer.
Ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen
Menschen mit Schlafstörungen sollten sich bei anhaltender Problematik an den Arzt ihres Vertrauens wenden, um die Ursachen zu prüfen. Bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sollte am besten immer die Beratung in der Apotheke in Anspruch genommen werden. Dort gibt es auch eine große Auswahl an pflanzlichen Mitteln. „Wirksamer als selbstgekochte Tees sind behördlich zugelassene Extrakte, die hochdosiert zum Beispiel als Tinkturen, Tabletten oder Kapseln eingenommen werden“, so Benkert.
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