Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die führende Todesursache in Europa und einem Großteil des Westens. Eier haben seit vielen Jahren den Ruf, das Erkrankungsrisiko mit ihrem hohen Cholesterin-Gehalt zu begünstigen. Ihre Rolle dabei wird schon seit der Mitte des letzten Jahrhunderts untersucht – ohne, dass bisher klare Erkenntnisse vorliegen. Denn: Die Studienergebnisse könnten gegensätzlicher nicht sein.
Wofür brauchen wir Cholesterin?
Bei Cholesterin handelt es sich um eine fettige Substanz, die in der Blutbahn durch den Körper schwimmt. Man unterscheidet generell zwischen Cholesterin, das der Körper selbst produziert und jenem, das wir über die Ernährung zu uns nehmen. Obwohl hohe Cholesterinwerte zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen können, ist Cholesterin unabdingbar für einen gesunden Körper. Es ist ein wichtiger Bestandteil aller Zellen und spielt eine Rolle bei der Produktion von Hormonen. Das gesamte Cholesterin, das der Körper benötigt, stellt die Leber aus Fetten, Zucker und Protein her. Was passiert aber, wenn wir dem Körper mehr Cholesterin über das Essen zuführen, als er verwenden kann? Dafür braucht es noch die Unterscheidung zwischen LDL („schlechtes“ low-density lipoprotein) und HDL („gutes“ high-density lipoprotein). Weil sich Cholesterin schwer mit Flüssigkeiten mischt, schleusen es diese Lipoproteine durch die Blutbahn. LDL neigt dazu Arterien zu verstopfen, weshalb erhöhte Werte ein Warnzeichen für Herzkrankheiten darstellen. HDL auf der anderen Seite hilft dabei überschüssiges Cholesterin auszuscheiden und schützt damit vor Herzerkrankungen. Außerdem kann der Körper generell die eigene Produktion von Cholesterin regulieren – basierend auf der Zuführung durch die Nahrung. Somit sollte im besten Fall immer ein ausgeglichener Zustand herrschen.
Cholesterin nur in tierischen Produkten
Allerdings vermuten Forscher schon seit Jahrzehnten, dass Cholesterin aus der Nahrung auch das im Blut erhöht. Besonders zu den Forschungsanfängen in den 1950er Jahren wurden aber oft wichtige Faktoren wie der persönliche Lebensstil oder die gesamte Ernährung der Teilnehmenden außer Acht gelassen. Obwohl ein großes Ei über 200 Milligramm Cholesterin enthält, könnte ein Anstieg der Cholesterinwerte im Blut auch auf den Speck, die Wurst oder die Butter zurückgehen, die ebenfalls Teil des Frühstücks waren. Besonders verarbeitetes Fleisch und Junk Food (Burger, frittiertes Fleisch, stark verarbeitete Desserts, etc.) enthalten nämlich meist Transfette und mehr gesättigte als ungesättigte Fettsäuren, die in Verbindung mit Übergewicht und erhöhten Cholesterin- sowie Entzündungswerten stehen. Diese Lebensmittel sind außerdem nährstoffarm und weisen meist viel zugesetzten Zucker und billige Öle auf. Cholesterin ist ausschließlich in tierischen Produkten wie Fleisch, Meeresfrüchten, Milchprodukten und Eiern, enthalten. Pflanzliche Lebensmittel sind generell Cholesterin-frei und stellen damit keinen Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen dar. Eier, sowie nicht stark-verarbeitete Milchprodukte und Fleisch, können in Maßen aber trotzdem gesund sein, da sie viele Vitamine und Spurenelemente enthalten, die unser Körper braucht.
Kann man Eier bedenkenlos essen?
Wie bereits anfangs erwähnt, waren Eier auf Grund ihres hohen Cholesterin-Gehalts lange als ungesund gebrandmarkt. Obwohl sich ihr Image in den letzten Jahren ein wenig verbessert hat, gibt es immer noch teils gegensätzliche Erkenntnisse aus Studien zu dem Thema. Eine Untersuchung aus dem Jahr 2001 fand beispielsweise heraus, dass Cholesterin aus der Ernährung das Verhältnis von totalem Cholesterin zu HDL erhöht und das Profil damit verschlechtere. In einer Meta-Analyse von vor sechs Jahren beobachteten Forscher ebenfalls signifikante Erhöhungen der Cholesterin- und LDL-Werte nach dem Konsum von Cholesterin-haltigen Lebensmitteln. Dies stellte in den Studien jedoch keinen Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen dar. Eine weitere weitere Meta-Analyse hielt 2016 wiederum fest, dass Eier nicht nur nicht zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen – bis zu ein Ei pro Tag könnte den Forschern zufolge sogar das Risiko eines Schlaganfalls senken. Schlussendlich brachte ein wissenschaftlicher Artikel im Jahr 2018 Licht ins Dunkel und zeigte, dass die Reaktion auf Cholesterin aus Eiern unterschiedlich ausfällt: Bei rund zwei Dritteln der Bevölkerung schlug sich der Konsum von Eiern so gut wie gar nicht in den Cholesterinwerten nieder. Beim verbleibenden Drittel handelt es sich um sogenannte „Hyper-Responder“, deren Werte sich stärker verändern. Aber selbst bei diesen erhöhten sich sowohl LDL als auch HDL meist in gleichbleibendem Verhältnis. Daher wird aktuell davon ausgegangen, dass auch „Hyper-Responder“ beim Ei-Verzehr kein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen fürchten müssen. Ist der Ei-Verzehr also gering gehalten (höchstens eines pro Tag), sind nach aktuellem Kenntnisstand keine großen Veränderungen des eigenen Cholesterins zu erwarten.
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