Pilzinfektionen sind für gewöhnlich keine große Gefahr. Nur lästig sind sie allemal – besonders dann, wenn die Behandlung nicht anschlägt: Denn die Organismen können Resistenzen gegen Arzneimittel ausbilden. Was wir vor allem von Bakterien und Antibiotika kennen, ist auch bei Hefezellen möglich. Ein Forschungsteam der Charité Universitätsmedizin Berlin und des Francis Crick Institute konnte nun erstmals den Mechanismus, der zu der Widerstandsfähigkeit führt, beschreiben. Ihre Studie legt damit den Grundstein für bessere antimikrobielle Therapien.
Nur drei Varianten von Antipilzmitteln
Wird eine Pilzinfektion festgestellt, bestehen für die Behandlung nicht viele Möglichkeiten, denn es existieren nur drei Klassen von Antimykotika (altgriech. mykes: Pilz). Hinzu kommt, dass die Mikroorganismen gegenüber diesen Arzneimitteln tolerant werden können, sodass die Therapie nicht anschlägt. Aber wie passiert das? „Wir haben herausgefunden, dass Hefezellen rege miteinander interagieren und wie sie dabei Stoffwechselprodukte austauschen. Darüber hinaus konnten wir zeigen, auf welche Weise dies Wachstumsvorteile bringt und zu einer Toleranz gegenüber gängigen Antimykotika führt“, berichtet Prof. Dr. Markus Ralser, Direktor des Instituts für Biochemie der Charité.
Das Leben in mikrobieller Gemeinschaft
Um zu verstehen, wie Resistenzen entstehen, muss man zunächst verstehen, wie mikrobielle Gemeinschaften funktionieren. Bisher ist das allerdings nicht ganz geklärt. Klar ist: Es gibt normal funktionsfähige Zellen und solche, die einige essenzielle Stoffwechselprodukte nicht mehr herstellen können. Diese sind also stoffwechseldefizient (auxotroph) und müssen sich für ihr Überleben auf stoffwechselkompetente (prototrophe) Zellen verlassen. Wieso das so ist, welchen Vorteil die Zellgemeinschaft von dieser Abhängigkeit hat, war bisher ein Rätsel.
Das Team der Charité und des Francis Crick Institute kamen der Lösung nun ein wenig näher: „Solche in ihrem Stoffwechsel eingeschränkten, auxotrophen Zellen sind vor allem in Kooperationen in Verbindung mit ihrem Wirtsorganismus – und insbesondere im Darmmikrobiom – stark verbreitet und scheinen einen Vorteil zu genießen“, erklärt Prof. Ralser von der Charité in Berlin. „Wir vermuten, dass dieses häufige Vorkommen durch Veränderungen in der gemeinsamen Stoffwechselumgebung erklärt werden kann – vor allem durch die vom Wirt bereitgestellte Umgebung mit den benötigten Stoffwechselprodukten.“
Teamwork ist das Stichwort
Das Forschungsteam erkannte, dass die Mikroorganismen untereinander kooperieren. Die Zellen mit eingeschränktem Stoffwechsel passen sich an jene mit funktionsfähigem Stoffwechsel an und fördern den Export von Stoffwechselprodukten – und können so auch antimikrobielle Wirkstoffe aus den Zellen transportieren. „Dieser Mechanismus bringt also für beide Zellpopulationen Vorteile mit sich“, resümiert Prof. Ralser. „Indem metabolisch interagierende Mikroorganismen ihre Exportaktivität steigern, tragen sie zum einen zu einer reichhaltigen gemeinsamen Stoffwechselumgebung bei, welche die Zellen der Gemeinschaft zum Wachstum und Überleben benötigen. So profitieren selbst solche mit funktionsfähigem Stoffwechsel von der kooperativen Beziehung. Zum anderen verringert sich die Wirkstoffkonzentration im Inneren der Zellen, so dass diese toleranter gegenüber Hunderten von antimikrobiellen Substanzen werden.“ Mit dieser Erkenntnis hoffen die Forschenden, bald eine neue, bessere Generation von Antipilzmitteln entwickeln zu können.
Was meinen Sie?