„Der Tod sitzt im Darm“ – Schon Hippokrates hatte die Bedeutung des Darmes für die Gesundheit des menschlichen Organismus erkannt. Nach vielen Jahrhunderten der Forschung lässt sich jedoch auch ohne jeglichen Zweifel konstatieren, dass das Leben ebenfalls im Darm sitzt. 70 bis 80 Prozent aller Immunzellen eines Menschen befinden sich in dessen Darm mit tausenden verschiedenen Bakterien, die sich dort ansiedeln und gemeinsam die Darmflora bilden. Diese verändert und erneuert sich stetig, was bedeutet, dass eine gesunde Darmflora keine statische Größe ist, sondern aktiv gefördert werden muss. Wie dies gelingt, erfahren Sie im nachfolgenden Artikel.
Was man über das Darmmikrobiom wissen muss
„In der westlichen Welt gibt es eine zunehmende Artenarmut. Jeder Vierte hat eine kritisch verarmte Darmflora“, hält der Internist, Diabetologe und Ernährungsmediziner Dr. Matthias Riedl, Leiter des Medicums Hamburg, fest. Und daraus resultiere ein höheres Risiko, bestimmte Krankheiten zu bekommen – von Darmerkrankungen, wie z.B. Morbus Chron, bis hin zu Autoimmunerkrankungen. Die Darmflora, auch als Darmmikrobiom bezeichnet, bestehe aus zahlreichen Mikroorganismen, „die auf und im menschlichen Körper symbiotisch leben. Diese sind von uns abhängig und anders herum.“
Aufgrund intensivierter Forschungen in den letzten Jahren sowie steigendem wissenschaftlichen Interesse an der Darmflora weiß die Wissenschaft mittlerweile, dass der Darm auf vielfältige Weise eine entscheidende Rolle im Stoffwechsel spielt, den Wasserhaushalt kontrolliert und, wie bereits eingangs erwähnt, für das Immunsystem verantwortlich ist. Der Darm kann somit als Depot von ca. 100 Billionen Bakterien kategorisiert werden, die sowohl als „gesundheitsfördernd“ bals auch als „krankmachend“ einzustufen sind. Ein gesundes Darmmikrobiom könne beispielsweise die Stimmung über die Darm-Hirn-Achse positiv beeinflussen oder zur Normalisierung von Blutfetten, Blutzucker sowie Gewicht beitragen. Der Darm als „Pforte in den Körper“ sei somit unglaublich wichtig für den Menschen, sagt Riedel, wobei „die Gesundheit und die Zusammensetzung der Bakterienstämme [nach Lebensstil] variieren.“
Faktoren, die die Darmflora beeinflussen
Eine Reihe von Faktoren haben Auswirkungen auf die Entwicklung der Darmflora – sowohl positive als auch negative. Medikamente wie Antibiotika, Intoleranzen, akute oder chronische Magen-Darm-Erkrankungen, aber auch Stress wirken sich negativ auf das sensible Milieu des Darmes aus. Laut Riedl fördere Stress sogar das Wachstum gesundheitsschädlicher Bakterien. Einen Kernpunkt, den es an dieser Stelle zu erwähnen gilt, stellt zudem die Ernährung dar, da Lebensmittel sowohl förderlich für eine gesunde Darmflora als auch schädigend dafür sein können. Durch die richtige Nahrungsmittelaufnahme können in weiterer Folge viele Probleme gelindert oder gar präventiv verhindert werden.
Auf zucker- und alkoholhaltige sowie stark verarbeitete Nahrungsmittel und Getränke sollte verzichtet werden, auch aufgrund von Zusatzstoffen wie z.B. Carrageen. Zu viel Fleisch sowie Fruchtzucker wirken ebenfalls negativ auf die Darmgesundheit und sollten dementsprechend nur in Maßen konsumiert werden. Weiters ernähre eine einseitige Ernährung ebenso weniger Bakterienstämme, wodurch die Vielfalt der Bakterienkulturen vermindert werden und so dem Darmmikrobiom schaden würde.
Gesunde Ernährung, gesunder Darm, gesunder Mensch
Da eine darmfreundliche Ernährung zahlreiche Vorteile für Körper und Geist des Menschen birgt, sollten folgende Lebensmittel daher den Großteil der Nahrungszufuhr ausmachen: Der Fokus sollte auf ballaststoffreiche Lebensmittel wie Vollkornprodukte, rohes sowie gekochtes Gemüse, Nüsse, Samen, Haferflocken, Hülsenfrüchte, Linsen und auch Obst in Maßen gelegt werden. „Präbiotika sind Ballaststoffe, die unverdaut im Dickdarm landen und dort von den guten Darmbakterien als Futter zersetzt werden. Sie stellen daraus Stoffe wie kurzkettige Fettsäuren her, die sich positiv auf die Gesundheit auswirken“, so auch Riedl. Weiters sind Probiotika, lebende Mikroorganismen, welche über die Nahrung aufgenommen werden, sich im Darm ansiedeln bzw. vermehren und dadurch „schlechte“ Darmbakterien verdrängen, unabdingbar. Man findet sie in fermentierten Lebensmitteln, wie beispielsweise in Sauermilchprodukten (Joghurt, Buttermilch, Kefir), aber auch in fermentiertem Gemüse (Sauerkraut, Kimchi, Tempeh) und in Getränken wie Kombucha. Verschiedene Käsearten wie Gouda, Gruyère, Cheddar, Parmesan oder Mozzarella sind ebenfalls reichhaltig an Probiotika.
Während gesättigte Fettsäuren eher gemieden werden sollten, stellen ungesättigte Fettsäuren einen integralen Bestandteil einer gesunden Darmflora dar. Insbesondere Omega-3-Fettsäuren, die in diversen Fischsorten oder Fischöl-Kapseln aufzufinden sind, sollten in ausreichender Menge aufgenommen werden. Als vegane Alternative bieten sich Leinsamen oder Walnüsse als Fettsäure-Lieferanten an. Auch resistente Stärke, wie sie in gekochten und anschließend abgekühlten Kartoffeln, Reis oder Nudeln enthalten ist, ist laut Riedl förderlich für das Darmmikrobiom. „Resistente Stärke kann nicht verdaut werden und landet unverdaut im Dickdarm, wo sie unseren guten Bakterien als Futter dient.“
Beim sogenannten Inulin handelt es sich um einen Mehrfachzucker, der den Blutzucker stabil hält und für eine gesunde Verdauung sorgt. Eine Reihe probiotischer Nahrungsergänzungsmittel enthält ihn, ebenso Gemüsesorten wie Spargel, Topinambur, Schwarzwurzeln, Zwiebeln, Chicorée, Artischocken, Porree oder Knoblauch. Zu guter Letzt fördern auch Polyphenole, sekundäre Pflanzenstoffe, die das Wachstum gesundheitsförderlicher Bakterienstämme vorantreiben, eine gesunde Darmflora. „Polyphenole sind in rot, blau oder violett gefärbten Gemüse- und Obstsorten sowie in grünem Tee enthalten“, so der Mediziner.
Insgesamt bestünde allerdings noch Forschungsbedarf hinsichtlich des Darmmikrobioms, da erst magere fünf Prozent davon verstanden seien. Dennoch können Präventionsmaßnahmen in Form einer gesunden sowie ausgewogenen Ernährungsweise ergriffen werden, die schlussendlich nicht nur dem Darm, sondern dem gesamten menschlichen Organismus zugutekommen.
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