Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) erfreut sich auch innerhalb der westlichen Welt immer größerer Beliebtheit und bietet sich als eine die klassische Schulmedizin ergänzende Behandlungsform an. Während letztere Virusinfektionen oft nur symptomatisch behandelt, setzt TCM vermehrt auf die Wiederherstellung des Gleichgewichts im Körper und die Stärkung des Immunsystems. Das seit Tausenden von Jahren gegen Infektionskrankheiten eingesetzte Heilverfahren wurde bereits seit Beginn der Pandemie bei Infizierten in China angewandt – nun untersuchen ForscherInnen, ob TCM jenseits von Fernost ein integraler Bestandteil der Coronatherapie werden kann.
Was ist TCM?
Bei der Traditionellen Chinesischen Medizin wird der Mensch holistisch, d.h. mit Körper und Geist sowie unter Einbezug all seiner Lebensumstände betrachtet. Zugrunde liegen der TCM philosophische Lehren, die sowohl vom Konfuzianismus mit seinen strengen moralischen Wertvorstellungen als auch vom Taoismus geprägt sind, der für ein ausgeglichenes Verhältnis von Mensch und Natur plädiert. Prinzipien wie das Gleichgewicht der gegensätzlichen Pole Yin und Yang, die Fünf-Elemente oder die Lebensenergie Qi, beherrschen laut der TCM die Natur in ihrer Gesamtheit und somit auch den menschlichen Organismus. Herrschen innere Ungleichgewichte in einem Menschen vor, erkrankt er. Ziel der diagnostischen sowie therapeutischen Methoden der TCM ist es, einen erneuten Ausgleich der Kräfte und damit einhergehend innere Harmonie wiederherzustellen, damit die Lebensenergie Qi aufs Neue ungehindert durch alle Meridiane – Leitbahnen, die den Körper durchziehen, – fließen kann.
Akupunktur, Qi, Ying und Yang – Das hat es damit auf sich
Die Methoden der TCM bauen hauptsächlich auf den fünf Säulen Akupunktur und Moxibustion, Chinesischer Arzneimitteltherapie (CAT), Qigong und Tai-Chi, Tuina sowie der Ernährungslehre nach den fünf Elementen auf.
Akupunktur gilt wohl als bekannteste Form der TCM, durch die Blockaden in den Meridianen, die für Krankheiten und Beschwerden sorgen, aufgehoben und der harmonische Fluss der Lebensenergie wieder gewährleistet werden kann. Die Nadeln würden dabei generell nicht nur förderlich für das Immunsystem sein, sondern eine Ausschüttung von Cortisol, entzündungshemmenden Substanzen und Endorphinen im Körper bezwecken. Moxibustion kann als erweiterte Akupunktur kategorisiert werden, da bei ihr die Akupunkturpunkte des Körpers durch das Abbrennen von Beifuß erwärmt werden und durch die Akupunkturnadeln somit zusätzlich Wärmeenergie in den Körper gelangt. Die Chinesische Arzneimitteltherapie (CAT) baut primär auf verschiedenen Heilpflanzen, jedoch auch auf Mineralien oder tierischen Bestandteilen, auf, die in Tee- oder Pulverform individuell für die PatientInnen aus Rinden, Blättern und Wurzeln hergestellt und genau nach Anweisung eingenommen werden müssen. Der Fokus richtet sich hier abermals auf den jeweiligen blockierten Meridian. Tai-Chi, die traditionelle chinesische Kampfsportart, und Qigong, eine chinesische Konzentrations- und Bewegungsform, wirken meditativ und verbinden Koordination- und Atemübungen miteinander. Der Körper soll nicht nur entspannt, sondern von innen gereinigt werden, um den Fluss des Qi zu verbessern. Unter Tuina sind Griff- und Massagetechniken zu verstehen, die ähnlich wie die Akupunktur die Stimulierung verschiedener Körperpunkte zum Ziel haben, die Durchblutung fördern und Blockaden lösen.
Die Ernährungslehre ist ebenfalls ein zentraler Bestandteil der TCM, da es durch bestimmte, den einzelnen Elementen entsprechende Speisen zum Ausgleich der Körperenergie kommt.
Stärkeres Immunsystem und kürzere Krankenhausaufenthalte – Naturheilmittel überzeugten
Die chinesische Regierung berichtete bereits im Jahr 2020 von der traditionellen chinesischen Behandlung von Corona-Infizierten mit Jinhua-Qinggan-Granulaten, Lianhua-Qingwen-Kapseln und Xuebijing-Injektionen, die sich allesamt als wirksame Unterstützung bei der COVID-19-Therapie erwiesen. Ein chinesisches Forscherteam konstatierte im Rahmen einer Studie im Fachjournal „Chinese Medicine“, dass unter Corona-Betroffenen, die eine TCM-Behandlung erhielten, kürzere Krankenhausaufenthalte verzeichnet werden konnten als bei PatientInnen, die keine zusätzliche TCM-Therapie erhielten. Die ForscherInnen analysierten das Blutbild der Infizierten und führten eine multiple lineare Regressionsanalyse durch, um zu determinieren, wodurch die Anzahl der Krankenhaustage der COVID-19-PatientInnen gesenkt werden konnte. Sie stellten fest, dass sich eine TCM-Behandlung positiv auf die Regulierung der Darmfunktion und auf die Aufrechterhaltung des mikroökologischen Gleichgewichts auswirkte.
Als besonders förderlich erwies sich dabei das Extrakt Qingfei Paidu Tang (QFPDD), auch Qing Fei Pai Du Tang (zu dt. „die Lunge klärendes, Toxine ausleitendes Dekokt“), das in China bereits seit Tausenden von Jahren angewendet wird. Weiters konnte anhand des Blutbildes der PatientInnen gezeigt werden, dass die Zahl der Leukozyten, Neutrophilen, Lymphozyten und Thrombozyten durch die TCM-Behandlung signifikant zunahm. Daraus schlussfolgerten die WissenschaftlerInnen, dass das körpereigene Immunsystem durch die TCM verstärkt sowie der Organismus dabei unterstützt würde, SARS-CoV-2-Krankheitserreger erfolgreich abzutöten. Zudem soll Qingfei Paidu Tang Symptome wie Husten, Müdigkeit, Fieber sowie die Beeinträchtigung der Lungenfunktion gelindert haben.
Weitere Studien betonen die Kraft der Kräuter
Eine weitere Studie aus dem Jahr 2020, die die Wirksamkeit von Lianhua-Qingwen-Kapseln/-Granulat, ein aus 13 Kräuterkomponenten bestehendes Dekokt zur Behandlung von Grippe und Erkältungen, untersuchte, konnte ebenfalls positive Forschungsergebnisse erzielen. Lianhua Qingwen soll demnach die Replikationsrate des Corona-Virus in Vero-E6-Zellen, die mit dem Virus infiziert sind, verlangsamen und entzündungshemmend wirken.
Eine weitere Kräutermischung, die in China seit jeher gegen Virusinfektionen und Erkältungen eingesetzt wird, trägt den Namen „Shufeng Jiedu“ (zu dt. „beruhigender Wind“) und setzt sich aus acht Arzneipflanzen zusammen. Diese sollen ebenfalls zur Aktivierung der körpereigenen Abwehrkräfte beisteuern und die Vermehrung von viralen Erregern verringern. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) lancierte ebenfalls Studien, die die Wirksamkeit der Shufeng Jiedu-Mischung an COVID-PatientInnen mit mittelschwerem Verlauf testen sollte. Laut WHO verkürzten die Kräuter, ähnlich dem Qingfei Paidu Tang-Extrakt, die Genesungszeit im Vergleich zu einer ausschließlich viralen Standardtherapie. Zur Prophylaxe sei die TCM-Mischung jedoch nicht geeignet. Außerdem bedarf es weiterer Studien, um die Wirksamkeit bei schweren COVID-19-Verläufen besser analysieren zu können.
Hier geht’s direkt zu Teil 2 von TCM vs. COVID-19.
Dennis Becker
12.05.2022 15:27Mein Onkel ist derzeit auf der Suche nach einer Apotheke für TCM. Dabei ist es gut zu wissen, dass es sich dabei um Alternativmedizin handelt. Ich hoffe, dass er einen passenden Anbieter finden wird.