Mehr als 250.000 Menschen in Deutschland sind von der Parkinson-Krankheit betroffen. Diese kann die Lebensqualität der Patienten stark einschränken. Schon lange versuchen Experten, die Ursachen der Krankheit zu klären. Eine aktuelle Studie unter Beteiligung von Forschern der Universitäten Wien und Konstanz weist nun darauf hin: Ein gewisses Bakterium im Darm könnte ein Teil der Erklärung sein.
Parkinson: Jede Bewegung eine Herausforderung
Je älter man wird, umso wahrscheinlicher ist es, an Parkinson zu erkranken. Allerdings sind nicht selten auch Menschen unter 40 Jahren betroffen. Die Krankheit ist gekennzeichnet durch ein starkes unkontrolliertes Zittern, etwa in den Händen. Außerdem können sich die Betroffenen generell nur noch sehr langsam bewegen und sie leiden unter einer Steifheit der Muskeln. All diese Symptome führen zu Problemen beim Gehen, sodass die Patienten ein höheres Risiko für Stürze haben. Auch alle anderen Tätigkeiten des Alltags werden erschwert. Zusätzlich können sich unspezifische Symptome wie Schlafstörungen oder kognitive Einschränkungen zeigen.
Rätselhafte Degeneration des Gehirns
Wie genau die Parkinson-Krankheit entsteht, ist Forschern noch ein Rätsel. Allerdings ist bekannt: In den Gehirnen der Patienten sterben Nervenzellen ab, die den Botenstoff Dopamin produzieren. Dieser wird für die Kommunikation zwischen Nervenzellen benötigt. Fehlt Dopamin, werden Signale vom Gehirn an die Muskeln nur noch sehr langsam weitergegeben. Die Auslöser für das Absterben der Nervenzellen müssen noch aufgedeckt werden. Zwar kann eine genetische Veranlagung bei der Krankheitsentstehung eine Rolle spielen, doch Parkinson tritt in den meisten Fällen bei Menschen auf, die keine erbliche Vorbelastung aufweisen. Daher wird spekuliert, dass schädliche Stoffe in der Umwelt wie Pestizide eine Ursache sein könnten – oder womöglich der Zustand des Darms, wie einige Forschungen nahelegen.
Wie der Darm das Gehirn beeinflusst
In letzter Zeit häufen sich die Hinweise darauf, dass das Darmmikrobiom bei der Entstehung von Parkinson beteiligt ist. Mit dem Darmmikrobiom sind alle Mikroorganismen gemeint, die sich im Darm eines Menschen angesiedelt haben. Experten vermuten, dass manche von ihnen einen schädlichen Einfluss auf das Gehirn haben. Unterstützt wird diese Annahme durch die Tatsache, dass Parkinson-Patienten eine andere Zusammensetzung des Darmmikrobioms aufweisen als Gesunde.
Bedeutsam sind in diesem Zusammenhang vor allem bakterielle Metaboliten. Dabei handelt es sich um Moleküle, die die Darmbakterien bei ihrem Stoffwechsel produzieren. Manche Metaboliten attackieren Dopamin produzierende Nervenzellen im Gehirn – also genau jene Zellen, die bei Parkinson zugrunde gehen. Die Forscher der aktuellen Studie wollten herausfinden, was der Metabolit des Bakteriums „Streptomyces venezuelae“ im Nervensystem anrichtet. Ihre Erkenntnisse wurden kürzlich im Journal „Environment International“ veröffentlicht.
Bakterium verursacht Parkinson-Symptome
In einem ersten Schritt konfrontierten die Wissenschaftler menschliche Dopamin produzierende Zellen mit dem Metaboliten von „Streptomyces venezuelae“. Dabei stellten sie fest: Der Metabolit ließ die Zellen absterben. Anschließend beobachteten die Forscher, wie sich der Metabolit bei Fadenwürmern auswirkt. Das Ergebnis: Die Versuchstiere erlitten motorische Probleme und zeigten Auffälligkeiten im Nervensystem, die so ähnlich auch bei an Parkinson erkrankten Menschen auftreten.
Hoffnung auf neue Therapien?
„Unsere Forschung stellt eine greifbare Verbindung zwischen einem spezifischen bakteriellen Metaboliten und Symptomen her, die Parkinson ähneln. Es ist ein weiterer Schritt, um zu verstehen, wie unsere Umwelt, bis hin zu den Mikroben um uns herum, den Beginn oder den Verlauf solcher Krankheiten beeinflussen könnte“, erklärt Studienautor Marcel Leist in einer Pressemitteilung der Universität Wien.
Die Ergebnisse aus der Studie könnten der Ausgangspunkt für weitere wichtige Forschungen zur Parkinson-Krankheit sein. So stellt sich etwa die Frage, ob auch andere Bakterien mit ihren Stoffwechselprodukten einen Einfluss haben. Außerdem wäre es wünschenswert, auf Basis der Erkenntnisse zu Darmmikroben neue Therapien für Patienten zu entwickeln. Thomas Böttcher, der auch an der Studie beteiligt war, betont: „Obwohl die Studie erst einen Anfang darstellt, ist sie ein vielversprechender Schritt zur Entschlüsselung der molekularen Ursachen von Parkinson und anderen neurodegenerativen Erkrankungen.“
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