Dass Schlafmangel sich negativ auf die körperliche Gesundheit auswirkt, ist längst kein Geheimnis mehr. Hinzu kommt aber, dass Personen, die über einen langen Zeitraum im mittleren Alter nur sechs Stunden oder sogar weniger schlafen, später ein höheres Risiko für Demenz aufweisen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Langzeitstudie, bei der Probanden aus Großbritannien über mehrere Jahrzehnte beobachtet wurden.
Schlafprobleme im Fokus
Um zu untersuchen, ob ein Zusammenhang zwischen der durchschnittlichen Schlafdauer und Demenzerkrankungen besteht, hat das Forscherteam Daten von insgesamt 7.959 britischen Beamten analysiert. Die Daten wurden seit Mitte der 1980er Jahre in der Whitehall Study II zusammengefasst, in der unter anderem durch regelmäßige Befragungen und Untersuchungen die Schlafdauer erfasst wurde. Dazu erfolgten Messungen in den Jahren zwischen 1985 und 1988, wobei die Teilnehmer etwa 35 bis 55 Jahre alt waren sowie zwischen 2015 und 2016, was hauptsächlich 63- bis 86-Jährige betraf. Die Forscher konnten anhand dieser Ergebnisse die Schlafdauer im Alter von 50, 60 und 70 Jahren einschätzen, sowie Rückschlüsse auf die einzelnen Schlafgewohnheiten ziehen.
Zusätzlich führten 4.267 Studienteilnehmer in den Jahren 2012 und 2013 an neun aufeinanderfolgenden Tagen Beschleunigungssensoren mit sich, die ihre Körperbewegungen aufzeichneten. Die damit gewonnenen Ergebnisse sollten helfen, die Angaben auf den Fragebögen weiter zu objektivieren.
Schlafdauer im mittleren Alter entscheidend
Am Ende der Studiendauer im Jahr 2019 hatten insgesamt 521 aller Teilnehmer eine Demenz entwickelt. Dadurch ergab sich ein um 20 bis 40 Prozent höheres Demenzrisiko bei Menschen, deren Schlafdauer im Alter von 50 oder 60 Jahren genau oder weniger als sechs Stunden pro Nacht betragen hatte: „Wir haben anhand einer sehr langen Nachbeobachtungszeit festgestellt, dass kurzzeitiger Schlaf in der Mitte des Lebens, der mehr als 25 Jahre vor dem Durchschnittsalter bei Beginn der Demenz bewertet wurde, mit dem Demenzrisiko im späteren Leben verbunden ist“, ergänzt Sabia. Gleichzeitig fand das Forscherteam keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem Schlaf von acht und mehr Stunden und einem erhöhten Demenzrisiko.
Unbekannte Erkrankung könnte ebenfalls schuld sein
Bei den Analysen der Daten wurden auch weitere Faktoren miteinbezogen, die das Demenzrisiko beeinflussen könnten. Dazu gehörte beispielsweise Nikotin- und Alkoholkonsum, körperliche Aktivität, Body-Mass-Index und Ernährung. Obwohl die Forscher mit ihren Untersuchungsergebnissen keinen direkten Zusammenhang zwischen zu wenig Schlaf und einem erhöhten Demenzrisiko herstellen konnten, lässt sich durch die ungewöhnlich langen Beobachtungszeiten jedoch ausschließen, dass Schlafstörungen ein Frühsymptom der Erkrankung sind. Gleichzeitig besteht aber die Möglichkeit, dass Schlafstörungen und Demenz die Folgen einer dritten, bisher unentdeckten Krankheit seien. Dieser Vermutung wollen die Forscher nun in zukünftigen Studien genauer nachgehen.
Schlaf bleibt wichtiger Bestandteil eines gesunden Lebens
Auch die Forschenden betonen erneut, wie wichtig Schlaf für den menschlichen Organismus und ein gesundes Leben ist: „Obwohl wir nicht bestätigen können, dass zu wenig Schlaf tatsächlich das Demenzrisiko erhöht, gibt es viele Gründe, warum eine gute Nachtruhe gut für die Gesundheit des Gehirns sein könnte. Diese Ergebnisse bestätigen die Bedeutung der Schlafhygiene für die Gesundheit“, meint auch Sabia. Bei akuten Schlafproblemen sollte daher medizinische Beratung möglichst rasch in Anspruch genommen werden, vor allem wenn diese länger andauern. Eine Abklärung in einem Schlaflabor kann zusätzlich helfen die genauen Ursachen bei anhaltenden Schlafstörungen festzustellen und in weiterer Folge zu behandeln.
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