Rund 100.000 Menschen in Deutschland leiden an einem endgültigen Nierenversagen. Diese bedrohliche Erkrankung beeinträchtigt nicht nur die Lebensqualität Betroffener, sondern erhöht darüber hinaus das Risiko eines vorzeitigen Todes. Um schwerwiegende Komplikationen zu vermeiden, müssen sich die Patienten regelmäßig Blutbehandlungen unterziehen oder eine Spenderniere implantieren lassen. Das US-amerikanische Kidney Project möchte den Alltag Betroffener zukünftig durch eine künstliche Niere einfacher gestalten. Das Ziel: keine langen Wartelisten für Spenderorgane und niedrige Kosten.
Nieren – das meistbenötigte Spenderorgan in Deutschland
Aktuell stehen in Deutschland laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation 8.496 Personen auf der Warteliste für ein Spenderorgan – die meisten von ihnen warten auf eine Spenderniere. In den meisten Fällen erfolgt in Deutschland eine Organspende nach dem Tod des Spenders – nur jedes sechste Organ stammt aus einer Lebendorganspende. Doch auch bei den postmortalen Spenden zeigt sich ein verhängnisvoller Mangel: Im Jahr 2022 gab es deutschlandweit nur 869 Personen, deren Niere nach ihrem Tod gespendet wurde. Die Nachfrage ist hierbei somit weitaus größer als das Angebot. Dies führte dazu, dass im Jahr 2022 743 Personen auf der Warteliste verstarben.
Ohne eine Spenderniere sind Patienten, bei denen beide Nieren nicht mehr funktionstüchtig sind, auf eine Dialyse angewiesen. In Deutschland sind dies derzeit, so die Deutsche Nierenstiftung, circa 80.000 Personen. Meist müssen diese dreimal wöchentlich ein Dialysezentrum aufsuchen, um dort das Blut außerhalb des Körpers von Schadstoffen zu reinigen. Regelmäßige Dialyse ist jedoch nur eine kurzfristige Lösung. Zwar ist eine Spenderniere die beste Option, doch wird der Bedarf an Spenderorganen nicht gedeckt. Mit einer bioartifiziellen Niere des Kidney Projects soll den Patienten geholfen werden, in Zukunft ohne Dialyse durch den Alltag zu gehen.
Erste Erfolge der bioartifiziellen Niere bei Schweinen
Das Forschungsteam veröffentlichte die aktuellen Fortschritte in Nature Communications. Den Experten gelang es, ohne die Verabreichung immunsuppressiver Medikamente eine künstliche Niere in ein Schwein zu implantieren, sodass die Zellen mehr als 90 Prozent ihrer Funktionsfähigkeit behielten. Klinische Tests stehen noch bevor.
Die bioartifizielle Niere ist in etwa so groß wie eine Tasse. Sie besteht aus einem sogenannten Hämofilter, durch den das ankommende Blut in ein „Ultrafiltrat“, bestehend aus gelösten Giftstoffen, Salzen und Zucker verarbeitet wird. Der zweite wichtige Bestandteil der bioartifiziellen Niere ist ein Bioreaktor: Mit ihm wird mithilfe von Nierenzellen das Ultrafiltrat in Urin verarbeitet und anschließend in die Blase geleitet. Um zu gewährleisten, dass der Körper des Patienten die Niere annimmt, sind die Poren der Membranen kleiner als Immunzellen und Antikörper. Dadurch werden die Zellen der bioartifiziellen Niere nicht vom Immunsystem des Körpers angegriffen.
Vorerst nur eine Alternative zur Dialyse
Realistisch betrachtet wird die künstliche Niere anfangs noch nicht so gut funktionieren wie eine natürliche Niere. Mit den technologischen Entwicklungen der kommenden Jahre soll sich dies allerdings ändern, sodass das künstliche Entgiftungsorgan in Zukunft dauerhaft im Körper verbleiben kann. Das Forschungsteam betont hierbei das Ziel, Patienten ein Leben ohne Dialyse ermöglichen zu wollen.
Bis die künstliche Niere für Patienten verfügbar ist, wird es vermutlich noch dauern. Die Forschenden streben an, die bioartifizielle Niere bis 2030 auf den Markt zu bringen.
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