25% der Deutschen sind kurzsichtig. Betroffen sind vor allem junge Menschen. Experten beobachten zudem einen extremen Anstieg der Zahlen. Bis 2050, vermuten sie, leiden 54% der weltweiten Bevölkerung an Kurzsichtigkeit. Im Jahr 2000 waren es noch 23%. Wer kurzsichtig ist, hat ein höheres Risiko an einer Netzhautablösung oder grünem bzw. grauem Star zu erkranken. Um das zu verhindern, versuchen Mediziner das Fortschreiten der Kurzsichtigkeit zu bremsen. Gute Nachrichten kommen nun aus Amerika.
Kurzsichtig vs. Weitsichtig
Kurzsichtig ist, wer in der Nähe scharf sieht, weiter entfernte Gegenstände aber nur verschwommen wahrnehmen kann. Weitsichtigkeit bedeutet das Gegenteil. Gemessen werden Fehlsichtigkeiten in Dioptrien. Kurzsichtige haben einen negativen Messwert, Weitsichtige einen positiven. Es gibt klare Zuordnungen zu Altersgruppen. Jüngere Menschen leiden eher an Kurzsichtigkeit, während ab dem 50. Lebensjahr etwa doppelt so viele weitsichtig wie kurzsichtig sind.
Das steckt hinter der Sehschwäche
Um scharf sehen zu können, muss das einfallende Licht direkt auf der Netzhaut gebündelt werden. Bei einer Fehlsichtigkeit funktioniert dieser Prozess nicht mehr ausreichend. Das Licht wird vor oder hinter der Netzhaut fokussiert. Ursache ist entweder ein zu langer oder zu kurzer Augapfel oder zu starke bzw. zu schwache Brechkraft des Auges. Bei Kurzsichtigkeit ist entweder der Augapfel zu lang oder die Brechkraft zu stark. Das Licht wird dadurch vor der Netzhaut gebündelt.
Nachlassende Sehfähigkeit auf dem Vormarsch
Risikofaktoren für Kurzsichtigkeit sind Erkrankungen wie die Zuckerkrankheit (Diabetes Mellitus) oder Grauer Star. Außerdem kann es genetische Vorbelastungen geben. Frühgeburten haben ebenfalls ein erhöhtes Risiko. Warum sich die Kurzsichtigkeit allerdings so rasant verbreitet, ist den Forschern noch immer nicht ganz klar. In China war bis vor wenigen Jahrzenten nur ein Fünftel der Menschen kurzsichtig. Heute sind 95% der chinesischen Jugendlichen betroffen. In Europa beobachten Experten eine ähnlich dramatische Entwicklung.
Hoffnung aus Amerika
Fest steht: weltweit leiden immer mehr (vor allem junge) Menschen an Kurzsichtigkeit. Um mögliche Komplikationen wie eine Netzhautablösung zu vermeiden, ist es der Medizin ein großes Anliegen, das Fortschreiten der Fehlsichtigkeit zu verlangsamen oder gar zu stoppen. Vor diese Aufgabe stellte sich auch ein Team am College for Optometry an der Ohio State University. Sie behandelten fast 300 Kinder mit drei verschiedenen Arten von Kontaktlinsen über 3 Jahre lang. Das Ergebnis: eine neue Art weicher Kontaktlinsen verlangsamte die Verschlechterung der Sehkraft effektiver als die anderen beiden.
Im Unterschied zu herkömmlichen Kontaktlinsen bündeln diese neuen Linsen auch das seitlich einfallende Licht. Normale tun das nicht, wodurch sie den Augapfel dazu anregen in die Länge zu wachsen. Das wiederum begünstigt das Fortschreiten der Kurzsichtigkeit. Die neuen, weichen Kontaktlinsen verlangsamen diesen Prozess um 43%.
Weitere Behandlungsalternativen
Doch es gibt auch andere Behandlungsmöglichkeiten für Kurzsichtigkeit. Manche Mediziner verschreiben besonders formstabile Kontaktlinsen (Ortho-K-Linsen), die nur in der Nacht getragen werden müssen. Sie verformen die Hornhaut vorübergehend, sodass am folgenden Tag keine Brille getragen werden muss.
Eine andere Behandlungsmöglichkeit um das Fortschreiten von Kurzsichtigkeit zu verlangsamen, ist Atropin. Das Medikament wird normalerweise für die Weitstellung der Pupillen bei der augenärztlichen Untersuchung verwendet. Bei den jungen Patienten einer deutschen Studie hat die Kurzsichtigkeit vor der Studie um jährlich 1,05 Dioptrien zugenommen. Nach einem Jahr Behandlung waren es nur noch 0,4 Dioptrien. Die Therapie ist derzeit in Deutschland noch nicht zugelassen, das heißt Eltern müssen selbst für die Kosten aufkommen. Außerdem sprechen ca. 10-20% der Kinder nicht auf die Behandlung an.
Wie entsteht Kurzsichtigkeit?
Doch warum sind überhaupt so viele Kinder kurzsichtig? Über die genauen Vorgänge hinter den steigenden Zahlen sind sich Forscher noch nicht im Klaren. Neben einer genetischen Vorbelastung wird aber vor allem das „in der Nähe schauen“ verantwortlich gemacht. Ein zu kurzer Leseabstand (weniger als 30cm), zu lange Lesephasen, aber auch die vermehrte Nutzung von Smartphones und Co. sind hier besonders gemeint. Außerdem spielt die Zeit im Freien, bei hellem Licht eine Rolle. Zwei Stunden an der frischen Luft können das Risiko bereits um die Hälfte reduzieren.
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