Schon seit Jahren werden Omega-3-Fettsäuren verschiedene gesundheitsfördernde Wirkungen nachgesagt. Neben ihren entzündungshemmenden Eigenschaften besitzen sie auch eine tödliche Wirkung gegen Tumore, wie nun eine aktuelle Studie belgischer Forscher zeigte. Die sogenannte Docosahexaensäure (DHA), die den Omega-3-Fettsäuren zugeordnet wird, wirke regelrecht toxisch auf Krebszellen. Das könnte zukünftig völlig neue Möglichkeiten der Krebstherapie bieten.
Geheimwaffe Docosahexaensäure
Omega-3-Fettsäuren sind essenziell für die menschliche Gesundheit und damit ein wichtiger Bestandteil einer gesunden Ernährung. DHA ist eine Omega-3-Fettsäure, die vor allem in fettreichen Seefischen, wie beispielsweise Lachs und atlantischer Hering, vorkommt. Sie sorgt für eine gesunde Gehirnfunktion, ein funktionierendes Sehvermögen und die Regulierung von Entzündungen. Außerdem besteht sogar das menschliche Gehirn zu bis zu 97 Prozent aus DHA, die Netzhaut zu bis zu 93 Prozent. Das macht eine ausreichende Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren umso wichtiger.
Entdeckung vor fünf Jahren legte Grundstein
Noch dazu scheint DHA toxisch auf Krebszellen zu wirken, wie die Arbeitsgruppe der UCLouvain in der aktuellen Forschungsarbeit aufzeigte. Die Aufklärung des biochemischen Mechanismus selbst reicht jedoch bereits zurück bis ins Jahr 2016: Ein auf Onkologie spezialisiertes Team um Professor Olivier Feron fand heraus, dass gewisse Zellen in einer sauren Mikroumgebung (Azidose) innerhalb von Tumoren Glukose durch Fette (Lipide) als Energiequelle ersetzen, um sich weiter vermehren zu können. In Zusammenarbeit mit Cyril Corbet gelang im Jahr 2020 ein weiterer Durchbruch dank dieser Erkenntnis: Tumorzellen, die Lipide als Energiequelle nutzen, verlassen den ursprünglichen Tumor, um in weiterer Folge Metastasen zu bilden. In diese Forschungsarbeit klinkte sich später das Team um Professor Yvan Larondelle ein und forschte an verbesserten Nahrungsfettquellen. Die Arbeitsgruppen beurteilten danach gemeinsam das Verhalten von Tumorzellen in Gegenwart verschiedener Fettsäuren, um den Vorgang besser zu verstehen.
Krebszellen reagieren auf Fettsäuren
In der Auswertung der Daten zeigte sich, dass Tumorzellen, die in sauren Umgebungen Fette als Energiequelle nutzen, je nach Art der aufgenommenen Fettsäure anders reagieren. Die Ergebnisse beeindruckten und überraschten das interdisziplinäre Forscherteam gleichermaßen: „Wir fanden bald heraus, dass bestimmte Fettsäuren die Tumorzellen stimulierten, während andere sie abtöteten“, ergänzen die Forscher. DHA wirkte dabei wie ein Gift auf Krebszellen. Die Wirkung von DHA auf die Tumorzellen lässt sich laut der Studie über das Phänomen Ferroptose erklären.
Diese erst vor Kurzem entdeckte Form des Zelltods, die mit der Peroxidation bestimmter Fettsäuren zusammenhängt, gilt aber bis dato als noch nicht ausreichend verstanden. Normalerweise speichern Zellen in sauren Umgebungen von Tumoren Fettsäuren in Form von Lipidtröpfchen. Gebildet wird sodann eine Art Bündel, in dem Fettsäuren vor weiterer Oxidation geschützt sind. Werden jedoch größere Mengen an DHA in Tumorzellen aufgenommen, sind diese überfordert und können keine Lipidtröpfchen mehr speichern. Als Folge oxidieren Omega-3-Fette und führen damit zum Tod der Krebszelle.
Vielversprechender Ansatz für Krebstherapien
Dieses Phänomen werde weiter durch den Einsatz eines Lipidstoffwechsel-Hemmers verstärkt, der die Bildung von Lipidtröpfchen verhindert. Die Forschungsgruppe hält es daher für möglich, dass DHA in Kombination mit Lipidstoffwechsel-Hemmern bei Krebstherapien unterstützend oder sogar als eigenständige Behandlung eingesetzt werden könnte. Dafür müssen aber zuerst weiterführende Studien an Menschen durchgeführt werden. Bisher verwendeten die Forschenden ein 3D-Tumorzellkultursystem und testeten die gewonnenen Erkenntnisse dann an Mäusen. So zeigte sich, dass Krebszellen in Gegenwart von DHA zunächst wuchsen und zunehmend abstarben. Eine mit DHA angereicherte Diät führte dazu, dass sich die Tumorentwicklung deutlich verlangsamte – im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, die konventionell ernährt wurde.
Mangel an Omega-3-Fettsäuren in der Bevölkerung bedenklich
Wie wichtig daher eine ausreichende Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren durch die tägliche Ernährung sei, betont deshalb auch das Forscherteam erneut: „Für einen Erwachsenen wird empfohlen, mindestens 250 Milligramm DHA pro Tag zu sich zu nehmen“. Frühere Ernährungsstudien hätten außerdem gezeigt, dass viele Erwachsene im Durchschnitt nur 50 bis 100 Milligramm DHA täglich über die Ernährung aufnehmen, was viel zu wenig sei. Als weitere Omega-3-Quellen sollten daher beispielsweise Speiseöle, Gemüse, Nüsse und Samen genutzt werden, um das Risiko für schwere Folgeerkrankungen zu verringern.
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