Noch immer gehört Bluthochdruck zu den am weitesten verbreiteten Begleiterkrankungen von Adipositas. Gleichzeitig ist Bluthochdruck ein Risikofaktor für Behinderungen oder gar einen verfrühten Tod. Bisher konnte nicht genau geklärt werden, warum Übergewicht häufig zu hohem Blutdruck führt. Einem Verband aus Forschern des Helmholtz Zentrums München, der Ludwig-Maximilians-Universität, der Technischen Universität München und des Deutschen Diabetes Zentrums ist es nun erstmals gelungen die Rolle von bestimmten Gehirnzellen des Hypothalamus bei Adipositas-bedingtem Bluthochdruck nachzuweisen.
Leptin als wichtiges Hormon
Vergangene Studien zeigten bereits, dass eine kalorienreiche Ernährung die Dichte der Blutgefäße in der Hirnregion Hypothalamus erhöht. Dieser Vorgang wird in der Medizin als Hypervaskularisierung bezeichnet. Die Arbeitsgruppe konnte in der aktuellen Studie erstmals die genauen Mechanismen, die zur Verdichtung der Blutgefäße im Hypothalamus beitragen, entschlüsseln. Maßgeblich daran beteiligt dürfte das Proteohormon Leptin sein, welches als Stoffwechselhormon von körpereigenen Fettzellen gebildet wird. Eine hohe Konzentration im Blut signalisiert dem Gehirn, dass es vorerst keine weitere Nahrung benötigt. Eine niedrige Konzentration bedeutet wiederum eine Zunahme an Appetit, was mit der laufenden Reduzierung der Fettdepots im Körper, beispielsweise durch Bewegung, direkt zusammenhängt.
Mangel führt zu fehlender Verdichtung der Blutgefäße
Die Arbeitsgruppe um Cristina García-Cáceres vom Helmholtz Zentrum München fand nun heraus, dass adipöse Labormäuse bei einem Mangel an Leptin jedoch keine Verdichtung der Blutgefäße im Hypothalamus ausbildeten. Das Hormon war davor schon im Fokus vergangener Studien, die sich mit Adipositas-bedingtem Bluthochdruck beschäftigten: „Leptin wird vom Fettgewebe produziert, ist an der Steuerung von Hunger- und Sättigungsgefühl beteiligt und spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Fettstoffwechsels von Menschen und Säugetieren“, fassen die Forschenden die bisherigen Erkenntnisse zusammen.
Nur eine bestimmte Hirnregion betroffen
In den darauffolgenden Versuchen erhöhten die Wissenschaftler den Leptin-Spiegel bei den Versuchstieren, wodurch bestimmte Zellen im Gehirn, sogenannte Astrozyten, die Produktion eines bestimmten Wachstumsfaktors ankurbelten. Dieser wiederum beschleunigte das Wachstum der Gefäße im Gehirn. Die erhöhte Anzahl von Blutgefäßen im Hypothalamus sorgte für eine weitere Verdichtung, die mit einem steigenden Blutdruck einherging. Andere Hirnregionen waren aber nicht betroffen. Somit konnte erstmals der Nachweis gelingen, dass „Leptin für die Verdichtung der Gefäße im Hypothalamus hauptverantwortlich ist und dieser Prozess über die Astrozyten vermittelt wird“, verkündet auch das Forscherteam.
Der Teufel liegt im Detail
„Wir liefern einen Paradigmenwechsel im Verständnis, wie der Hypothalamus den Blutdruck bei Adipositas kontrolliert“, gibt sich Studienautor Tim Gruber sicher. „Während sich die bisherige Forschung hauptsächlich auf Neuronen konzentrierte und Astrozyten in der Vergangenheit als weniger relevant galten, unterstreicht unsere Forschung die zusätzliche Rolle der Astrozyten bei der Kontrolle des Blutdrucks.“ Unklar sei aber derzeit noch, wie genau Astrozyten mit Neuronen im Gehirn kommunizieren. Laut Studienleiterin Cristina García-Cáceres sei aber genau das Thema zukünftiger Studien: „Wir haben begonnen, diese Frage mit Hilfe von Echtzeitdarstellung der Aktivität in Astrozyten-Neuronen-Schaltkreisen im Hypothalamus über in-vivo-Mikroskopie zu beantworten“, meint die Forscherin in Hinblick auf die Zukunft.
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